Geflüchtete in Wuppertal Mit Hoffnung und Segen ins neue Jahr

Wuppertal · Ob hier, in Kamerun, Syrien oder der Ukraine: Überall begrüßen die Menschen das neue Jahr mit dem Wunsch nach Frieden, Gesundheit und Segen. Geflüchtete in Wuppertal erzählen von ihren Bräuchen.

Daniel Nijkeu vermisst die Silvestergottesdienste in Kamerun.

Foto: Sabine Damaschke

Seit 15 Jahren lebt Daniel Njikeu in Deutschland – und noch immer bekommt er leuchtende Augen, wenn er über den Jahreswechsel in seiner Heimat Kamerun erzählt. Von Kindheit an gehörte der Besuch des Silvestergottesdienstes dazu. Kein Wunder, denn der 40-jährige Afrikaner ist Sohn eines Pastors. Heute leitet der Maschinenbauer und Theologe die Internationale Gemeinschaft in Wuppertal.

Mit den eher besinnlichen Gottesdiensten zum Jahreswechsel, die er in Deutschland erlebt, hätten die Feiern in Kamerun wenig zu tun, erzählt er. „Wir sind alle in weißen Kleidern gekommen, um zu zeigen, dass wir das alte Jahr mit all seinen Mühen und Sorgen hinter uns lassen wollen und bereit sind für Neues.“

Dann werde gebetet, gesungen, getanzt und über Mitternacht gepredigt. Erst in den frühen Morgenstunden gingen die Kirchenmitglieder nach Hause, so Njikeu. Bis dahin sei es still auf den Straßen. „Aber wenn alle aus den Kirchen kommen, wird es turbulent, denn viele Jugendliche feiern auf den Straßen weiter.“

Ukraine: Geschenke zu Neujahr

Auch in der Ukraine wird das alte Jahr gebührend verabschiedet und das neue Jahr mit der Großfamilie feierlich begrüßt, berichtet Nadia. Allerdings nicht am 31. Dezember, sondern am 14. Januar, an dem nach dem julianischen Kalender Neujahr beginnt. Dann feiert man das sogenannte „alte neue Jahr“, das auch Melanka genannt wird, da dies der kirchliche Tag der Heiligen Melana ist. „Am ersten Neujahrsmorgen bekommen die Kinder Geschenke wie hier am Heiligabend.“

Nadia und Olexandr haben Silvester zu verschiedenen Zeiten gefeiert.

Foto: Sabine Damaschke

Oleksandr widerspricht. Im vergangenen Jahr ist er aus der Ukraine nach Wuppertal geflüchtet und besucht nun gemeinsam mit Nadia regelmäßig das Sophiencafé International der Kirchengemeinde Elberfeld-West. Er stammt allerdings nicht wie Nadia aus einem Dorf in der Region Charkiw, sondern aus Lwiw. „In unserer Region war es üblich, dass Kinder an Nikolaus und Weihnachten beschenkt wurden“, erzählt er. „Nicht an Silvester.“

Ähnlich wie in Deutschland habe man zum Jahreswechsel viel gegessen, getrunken und ein Feuerwerk entzündet. Darauf werde seit dem Krieg verzichtet. „Aber in diesem Jahr feiern alle Menschen in der Ukraine wie ihr Silvester am 31. Dezember, um zu zeigen, dass wir uns als Europäer verstehen“, betont Oleksandr.

Glücksspiele in Griechenland

Eleftherios, der aus Griechenland stammt und ebenfalls ins Sophiencafé kommt, um Deutsch zu lernen, berichtet von einem besonderen Brauch in seinem Heimatland. „Wir spielen an Silvester Karten und andere Glücksspiele. Wer gewinnt, hat das ganze Jahr hindurch Glück. Wer verliert, hat zumindest Glück in der Liebe.“ Viele junge Leute feierten Silvester nicht mit der Familie, sondern – ähnlich wie in Deutschland – mit Freunden, erzählt Eleftherios.

Hanna (li.) und Samira feierten Silvester immer mit der Familie.

Foto: Sabine Damaschke

In der Ukraine, so betont Hanna, werde der Jahreswechsel eher als großes Familienfest begangen. Bis tief in die Nacht säßen Großeltern mit ihren Kindern und Enkelkindern zusammen. Jeder Teil der Familie habe Essen dafür zubereitet. Häufig gebe es wie in Deutschland zu Weihnachten Gans oder Ente. „Hauptsache, es ist schön fettig“, lacht Hanna.

Silvester und Norouz in Syrien

Samira, die aus Syrien nach Wuppertal geflüchtet ist, hat als Muslimin auch Silvester gefeiert. Ihr Land habe sich vor dem Krieg gerne an westlichen Traditionen orientiert, erzählt sie. Meist stehe dann ein ausgiebiges Essen mit Familie und Freunden auf dem Programm, dabei dürften Kuchen und Süßigkeiten nicht fehlen. Zu Neujahr werde in vielen Familien etwas Weißes gekocht, als Zeichen der Hoffnung für ein gutes neues Jahr. „Ich kenne aber auch Familien, die Neujahr nicht groß feiern, sondern sich auf das islamische Opfer- und Zuckerfest konzentrieren.“

Über Neujahr im Frühling berichten Ibrahim und Najah.

Foto: Sabine Damaschke

Oder auch auf das Norouz-Fest, wie Ibrahim und Najah berichten. Sie gehören zu den kurdischen Syrer:innen und begrüßen das neue Jahr erst ausgiebig zum Frühlingsanfang am 20. und 21. März. „Dann kommen alle Menschen eines Dorfes zusammen und bauen Zelte auf, in denen gegessen, getanzt und gesungen wird“, erzählt Ibrahim. Es sei ein alter Brauch, über ein loderndes Feuer zu springen, ergänzt Najah. Das bringe Glück und Lebensfreude im neuen Jahr. Sieben Speisen die mit „S“ anfangen, müssten an den Festtagen bereitstehen. Wichtig sei auch die neue Kleidung zu Norouz. Und natürlich die guten Wünsche.

Friedens- und Segenswünsche

„Möge es dir das ganze Jahr über gut gehen“ lautet der übliche Wunsch in islamischen Ländern, in Deutschland ist es schlicht „ein gutes neues Jahr“. Den geflüchteten Menschen im Sophiencafé ist das zu wenig. „Ich ergänze diesen allgemeinen Wunsch um Frieden und Gesundheit“, betont Ibrahim und erntet damit große Zustimmung.

Auch Daniel Nijkeu sagt, dass ihm der allgemeine Wunsch nach einem „guten neuen Jahr“ zu wenig ist. In Kamerun sei es üblich, Kirchen- und Familienmitgliedern, aber auch Nachbarn im neuen Jahr einen ganz persönlichen Segenswunsch zuzusprechen, erzählt er. „Als Kind fand ich das nicht immer so toll“, gibt er zu und lacht. „Denn da gab es auch schon mal den persönlichen Schulsegen für mich, verbunden mit dem Wunsch, ich möge doch mehr Erfolg in der Schule haben.“