Eigener Handelsplatz für Ökostrom Erneuerbare Energien: Selbst an Energiewende beteiligen

Wuppertal nimmt beim Thema Erneuerbare Energien bundesweit eine Vorreiterrolle ein. Nicht zuletzt durch das ansässige Wuppertal Institut werden hier immer wieder Innovationen vorangetrieben, die dabei helfen, unsere Welt etwas nachhaltiger zu gestalten.

Ab einer bestimmten Mindestgröße können jetzt auch private Erzeuger überschüssigen Strom aus ihrer Anlage professionell vermarkten.

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Der eigene Strommarkt auf Blockchain‑Technologie eröffnet den Handel mit Energie jetzt auch für kleinere Stromerzeuger.

Die Idee der neuen Handelsplattform für Strom war es, dezentrale Energieproduzenten direkt mit dem Endverbraucher in Verbindung zu bringen. Bisher konnte sich zwar jeder für die Nutzung von Ökostrom über verschiedene Anbieter entscheiden, allerdings war dabei meist nicht detailliert ersichtlich, auf welche Weise die Energie dabei erzeugt wurde.

Hier hat der Verbraucher mit der Tal-Markt-Plattform nun eine viel größere Transparenz. Von verschiedenen regionalen Anbietern kann der eigene Strom-Mix ganz individuell zusammengestellt werden. Dabei ist stets ersichtlich, wieviel Energie von welchem Produzenten bezogen wird und ob dieser aus Wind- oder Wasserkraft, Sonnenenergie oder Biomasse erzeugt wird.

Ein sogenannter intelligenter Stromzähler wird dem Kunden kostenlos eingebaut und sorgt dann für einen detaillierten Überblick. Gleichzeitig kann damit der individuelle Verbrauch besser kontrolliert werden. Gegebenenfalls lassen sich so energieintensive Geräte in einem Haushalt identifizieren und durch effizientere ersetzen.

Die Entscheidung für Energie aus nachhaltigen Quellen stellt einen wichtigen Beitrag zu einem umweltbewussten Verhalten im Alltag dar. Durch die neue Stromhandelsplattform hat der Verbraucher dabei erstmals einen umfassenden Überblick und kann ganz gezielt einen oder mehrere Energielieferanten wählen.

Die Energiewende sieht vor, dass schrittweise der Anteil an erneuerbaren Energien steigen soll. Bereits Im Jahr 2025 sollen 40 bis 45 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen stammen. Ein ehrgeiziges Ziel, denn hinzu kommt, dass ab 2022 die Kernenergie mit dem Atomausstieg als Produzent wegfällt. 2017 stammte rund 33 Prozent der in Deutschland erzeugten Energie von erneuerbaren Energieträgern. Windkraft und Photovoltaikanlagen machen dabei bislang den größten Teil aus.

Vor allem das Stromnetz wird durch die Energiewende vor eine große Herausforderung gestellt. Die zunehmend dezentrale Erzeugung in kleineren Anlagen statt in großen Kraftwerken benötigt größere Kapazitäten für den Transport des Stroms. Zwar kann regional erzeugter Strom auch sinnvoll regional vermarktet werden, aber auch hier ist es notwendig, das Netz für die Verteilung der Energie im regionalen und lokalen Bereich weiter auszubauen.

Ein weiterer Punkt sind die starken Schwankungen bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen. Braunkohlekraftwerke oder Atomreaktoren liefern die Energie hier viel gleichmäßiger. Solar- oder Windkraftanlagen hingegen können nur ausreichend Strom liefern, wenn die Sonne scheint oder entsprechend viel Wind weht. Solche Schwankungen müssen durch weitere alternative Lieferanten wie Müllverbrennungs- und Biogasanlagen oder auch Wasserkraftanlagen ausgeglichen werden. Auch dies führt zu einer wachsenden Belastung des Stromnetzes und benötig mehr Kapazitäten.

Vor allem im Bereich der regionalen und lokalen Stromverteilung müssen die Netze stärker ausgebaut werden um für den steigenden Bedarf an Kapazitäten gerüstet zu sein.

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Die Wuppertaler Stromplattform Tal.Markt bietet noch eine weitere Möglichkeit, sich aktiv an der Energiewende zu beteiligen. Erstmals ist es auch für kleinere oder private Erzeuger möglich, überschüssigen Strom aus der eigenen Anlage direkt zu vermarkten und über den Online-Handelsmarkt direkt dem Endverbraucher anzubieten.

Wer mitmachen will, benötigt allerdings eine Anlage in der Mindestgröße von 30 kW. Neben der bisher bereits üblichen Einspeisevergütung kann dann zusätzlich über Bonuszahlungen aus der Vermarktung Geld verdient werden.

Die digitale Blockchain-Technologie macht das Modell des direkten Handels mit dem eigenen Ökostrom überhaupt erst möglich. Die intelligenten Stromzähler spielen dabei eine zentrale Rolle, denn sie garantieren eine genaue Dokumentation der erzeugten und konsumierten Energiemenge. Dies macht die Organisation und Verteilung zwischen Erzeuger und Verbraucher erst möglich. Zudem kann durch die spezielle Technologie ein hohes Maß an Datenschutz gewährleistet werden.

Nicht nur durch eine eigene Solaranlage auf dem Dach, auch durch eine Beteiligung an größeren privaten Anlagen kann jeder die Energiewende vorantreiben. Wichtig ist dabei, dass die Kosten sich langfristig auch decken lassen. Über die sogenannte EEG-Umlage zahlt der Bund dafür eine entsprechende Vergütung bei der Einspeisung im Rahmen der gesetzlichen Förderung. Darüber hinaus sind preisgünstige Kredite zur Finanzierung einer Anlage erhältlich. Je nach Effizienz einer Anlage können die Raten zunächst über die Einspeisevergütung getragen werden.

Durch die Reform des EEG im Jahr 2017 fällt die Förderung jedoch oftmals geringer aus. Neu ist, dass nicht grundsätzlich jede Anlage gefördert wird, sondern nur noch die jeweils für den Standort geeignetste Anlageform.

Die Tal.Markt Plattform bietet hier jetzt eine zusätzliche Einnahmequelle um die Investitionskosten auszugleichen. "Über unser Modell eröffnen wir Windmüllern und Solaranlagenbetreibern die Möglichkeit, ihre Anlagen direkt beim Endkunden zu vermarkten und so kostendeckende Erlöse zu erzielen", so der Vorstandsvorsitzende der Wuppertaler Stadtwerke (WSW) Andreas Feicht.

Interessant sind für private Stromerzeuger zudem die unterschiedlichen Möglichkeiten der Besteuerung. Übersteigt der jährliche Überschuss die Grenze von derzeit 24.500 Euro, muss für die Anlage ein Gewerbe angemeldet werden. Dann muss Gewerbesteuer gezahlt werden.

Kleinere Anlagen können unter bestimmten Bedingungen im Rahmen der Kleinunternehmerregelung betrieben werden. Dann wird keine Umsatzsteuer fällig. Dieses Modell wird meist von Privatleuten genutzt, die wenig Arbeit mit dem notwendigen Papierkram haben wollen.

Alternativ können Freiberufler oder Selbständige die Anlage als Gewerbe betreiben und müssen auf die Umsätze zunächst Steuern entrichten. Diese werden jedoch vom Finanzamt zurückerstattet. Auch hier helfen die intelligenten Stromzähler dabei, die erzeugte, selbst verbrauchte und eingespeiste Energie genau zu messen, damit diese Daten bei der Gewinn- und Verlustrechnung exakt angegeben werden können.

Bei einem gewerblichen Betrieb der Anlage ist es möglich, verschiedene Abschreibungsmodelle als Betriebsausgaben geltend zu machen und so ebenfalls Investitionskosten zu minimieren.

Welche Anlagenform für private Energieerzeuger am sinnvollsten ist, richtet sich nach den verschiedensten Kriterien. Bei den meisten sind zunächst die individuellen Gegebenheiten der eigenen Immobilie am wichtigsten. Im privaten Bereich sind dabei Photovoltaikanlagen am weitesten verbreitet. Weitere Möglichkeiten sind Brennstoffzellen oder auch Wärmepumpen. Zudem können Bürger in zahlreichen Kleinprojekten in dezentrale Energieerzeugung wie Windkraft- oder Biogasanlagen investieren.

Durch die meisten Kleinstanlagen kann in der Regel nur ein Teil des eigenen Strombedarfs gedeckt werden. Der Grund dafür sind vor allem die Schwankungen bei der Energieerzeugung. Strom von einem anderen Anbieter sorgt dann für den notwendigen Ausgleich. In einem gewissen Rahmen kann ein eigener Stromspeicher die Schwankungen ebenfalls überbrücken. Dies ist jedoch mit weiteren Investitionskosten verbunden, kann sich durch die gesparten Energiekosten allerdings dennoch rechnen.

Wer sich für die Installation einer Photovoltaikanlage interessiert, sollte zunächst einen Blick auf das regionale Solarkataster werfen. Dort zeigt sich bereits, ob der jeweilige Standort geeignet ist und genügend Sonneneinstrahlung für einen effizienten Betrieb vorhanden ist. Allerdings kann auch über die Wahl der Solarmodule die Effizienz beeinflusst werden. Für weniger sonnenverwöhnte Standorte sind Bauelemente erhältlich, deren Wirkungsgrad gerade bei weniger Einstrahlung am besten ausgelegt ist.

Bislang war die Investition in eine eigene Solaranlage vor allem in Verbindung mit einem Stromspeicher sinnvoll und kosteneffizient. Statt rund 30 Prozent können dann bis zu 80 Prozent des eigenen Bedarfs gedeckt werden. Mit der neuen Möglichkeit, den überschüssigen Strom direkt zu vermarkten, könnte sich dies allerdings ändern. Je nachdem, wie Hoch die Boni für den Weiterverkauf ausfallen, kann dies die zusätzlichen Investitionskosten in einen Stromspeicher weniger attraktiv machen.

Private Anleger können sich auch durch eine Investition in Windkraftanlagen an der Energiewende aktiv beteiligen.

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Wärmepumpen — auch als Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage bezeichnet — erzeugen neben Strom auch Wärmeenergie. Wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind, wird eine solche Anlage ebenfalls staatlich bezuschusst. Allerdings sind die Betriebskosten hier im Vergleich zu Photovoltaikanlagen deutlich höher, was die gesparten Energieausgaben wieder relativiert.

Die Brennstoffzellen-Technologie bietet dabei heute meist den effizientesten Wirkungsgrad. Alternativ werden Verbrennungs- oder Stirlingmotoren zur Energieerzeugung eingesetzt.

Am wichtigsten bei dieser Technik ist es, die Anlage möglichst passgenau auf die individuellen Bedürfnisse und baulichen Gegebenheiten auszurichten. Dann kann eine größtmögliche Effizienz erreicht werden.