Das Schweigen durchbrechen

Wuppertal · Das Wuppertaler Bündnis gegen Nazis übt scharfe Kritik an der Polizei im Zusammenhang mit dem Mordanschlag auf einen türkischen AZ-Besucher am 11. April.

Hat es ein Fehlverhalten der Polizei rund um den Angriff am AZ in der Nacht zum 11. April gegeben? Autonome sowie einige Parteien sehen das so.

Foto: Raina Seinsche

Wenn sich Freunde des Autonomen Zentrums an die Presse wenden, um die Öffentlichkeit zu erreichen, dann muss die Empörung schon groß sein. Das Wuppertaler Bündnis gegen Nazis, dem neben Linken und Grünen unter anderem auch Freunde des AZ angehören, hatte vergangene Woche erst zum Pressegespräch, dann zu einer öffentlichen Info-Veranstaltung ins Rathaus und schließlich zur Demo geladen. Zwei Monate nach der Tat wollte man endlich das Schweigen brechen, das sich nach dem Messerangriff auf einen ihrer Freunde vor dem AZ an der Markomannenstraße am 11. April breit gemacht hat (die Rundschau berichtete).

In jener Nacht wurde ein 53 Jahre alter Antifaschist türkischer Herkunft von drei Männern (25, 38 und 42 Jahre alt) dort erst mit rechtsradikalen Sprüchen aus der Hogesa-Szene (= "Hooligans gegen Salafismus") bedroht und schließlich mit zahlreichen Messerstichen in den Rücken sowie stumpfer Gewalt lebensgefährlich verletzt. Einige Wochen lag er im Koma. Erst nach und nach verbessere sich sein Zustand, heißt es.

Es gäbe also viel zu sagen. Etwa, dass dies eine neue Form der Gewalt aus der rechten Szene ist. Dass dies nicht, wie von der Polizei in der ersten Presseerklärung (vom 11. April) behauptet, eine "körperliche Auseinandersetzung" zwischen Linken und Rechten war, sondern ein Angriff von Rechten auf einen Türken der Antifa-Bewegung. Dass das Verhalten der Polizisten beim Einsatz im AZ in jener Nacht an der Situation vorbei, den üblichen Reflexen im Zusammenhang mit den Autonomen folgend, und komplett anders gewesen sei als in eben jener ersten Mitteilung dargestellt.

Dass die Polizei Tatverdächtige anfangs vor allem in den Kreisen des AZ gesucht habe. Dass — obwohl die mutmaßlichen Täter drei Tage nach der Tat bereits festgenommen waren (einer befindet sich wegen versuchten Totschlags in U-Haft) — weiter gegen Besucher des AZ wegen ermittelt würde. Damit, so bezeichnete es die Opferberatung Rheinland in einem Offenen Brief an die Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher, habe eine "Täter-Opfer-Umkehr" stattgefunden. All das hätte längst gesagt werden müssen, finden die Vertreter des Wuppertaler Bündnisses gegen Nazis — wurde es aber nicht.

"Es gibt einen Mordanschlag von Hogesa-Anhängern auf einen türkischen Mitbürger — und der Oberbürgermeister schweigt. So etwas passiert doch nicht alle Tage", machen sie ihrer Wut und dem Unverständnis Luft. "Dabei", so stimmt Gerd-Peter Zielezinski von der Linken zu, "muss Peter Jung Verantwortung übernehmen. Wenn er den Anschlag nicht kritisiert, gibt er den Nazis damit recht."

Bei der Veranstaltung im Rathaus, zu der rund 50 Interessierte gekommen waren, gingen einige noch einen Schritt weiter. So nannte Gunhild Böth, Fraktionssprecherin der Linken und Mitglied im Polizeibeirat, das Vorgehen der Polizei "unterirdisch". "Es ist doch ein deutliches Muster zu erkennen", so die OB-Kandidatin: "Das haben wir ja bereits bei dem Überfall beim Vohwinkeler Flohmarkt 2011 und bei der Filmvorführung des Wuppertaler Medienprojekts im 'CinemaxX' so gesehen." Ein gefährliches Muster sei es, das dazu führe, dass solche Taten nicht sauber aufgeklärt würden ...

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(Rundschau Verlagsgesellschaft)