Ev. Kirche Wuppertal Aktionswochen: Rassismus erkennen und bekämpfen

Wuppertal · „90 Minuten gegen Rassismus“, Vorträge und Konzerte: Die evangelische Kirche in Wuppertal beteiligt sich an den Wochen gegen Rassismus. Mit gutem Grund, betont Superintendentin Ilka Federschmidt.

Superintendentin Ilka Federschmidt.

Foto: Ev. Kirchenkreis

Mit einem Appell für ein respektvolles und diskriminierungsfreies Miteinander finden in Wuppertal die Internationalen Wochen gegen Rassismus bis zum 30. März statt. Sie stehen unter dem Motto „Sei ein Mensch“. „Für mich ist das eine Bitte, eine Aufforderung, eine Sehnsucht und eine Ermutigung, wie ich sie als roten Faden in der Bibel finde“, erklärt Superintendentin Ilka Federschmidt zum Welttag gegen Rassismus (21. März).

Die Aufforderung „Sei ein Mensch“ bedeute für sie ein „Nein“ zu einfachen Antworten zu Migration und Flucht und Anderssein und ein „Ja“ zu der intensiven Arbeit an gegenseitiger Achtung und Verstehen, so Federschmidt weiter. „Rassismus nimmt auch denen das menschliche Angesicht, die ihn ausüben oder ignorieren. Mein Glaube gibt mir die Hoffnung, dass es mit Gottes Hilfe möglich ist: Sei ein Mensch!“

Den Menschen sehen

Eine „intensive Arbeit an gegenseitiger Achtung und Verstehen“ finde bereits in vielen Kirchengemeinden statt, beobachtet die Superintendentin. Rassismus sei ein Thema, das ernstgenommen werde, denn es stehe im Gegensatz zu den biblischen Geboten. „Wenn wir Menschen anderer Herkunft, anderer Hautfarbe als der eigenen, anderer Kultur und anderen Glaubens mit vorgefassten Bildern ansehen, dann sehen wir sie in Wahrheit nicht.“

Pfarrer Jörg Wieder.

Foto: Sabine Damaschke

Pfarrer Jörg Wieder von der Gemeinde Wichlinghausen-Nächstebreck erlebt im Stadtteil seiner Kirche immer wieder verschiedene Formen von Rassismus, die sich in Sprache und Sozialneid ausdrücken. „Hier wohnen viele Menschen mit Migrationshintergrund, die immer wieder subtile Formen von Ausgrenzung erfahren“, sagt er. „Sie werden skeptisch betrachtet oder aufgrund von Vorurteilen anders behandelt.“

Rassismus im eigenen Umfeld

Die Internationalen Wochen gegen Rassismus möchte die Gemeinde daher nutzen, um für Rassismus im eigenen Umfeld zu sensibilisieren und nach den historischen Wurzeln - auch in der Missionsgeschichte - zu schauen.

Statt eine zentrale Veranstaltung dazu anzubieten, wird es unter dem Titel „90 Minuten gegen Rassismus“ ein internatives Programm für die verschiedenen Gruppen – vom Seniorenkreis bis zur Jungschar – geben. Auch ein Gottesdienst und ein Konzert zum Thema sind geplant.

Historiker Heiko Schnickmann.

Foto: Schnickmann

Historiker Heiko Schnickmann, engagiertes Mitglied der Gemeinde, lädt am „Welttag gegen Rassismus“ zu einem Vortrag über die Erfindung des Rassismus im Zeitalter der Aufklärung ein (19 Uhr, Erlöserkirche, Stahlstraße 9). Denn ausgerechnet in der „Epoche der Vernunft“, der Menschenrechte und wissenschaftlichen Erkenntnis sei der moderne Rassismus entstanden, berichtet er.

Kirche und Kolonialismus

„Mit der Idee, dass Menschen nach objektiven Kriterien klassifizierbar seien, begannen Philosophen und Wissenschaftler, auch den Menschen selbst in Kategorien einzuteilen. Dabei wurde ein vermeintlicher Zusammenhang zwischen äußeren Merkmalen und geistigen Fähigkeiten konstruiert. Dieser Rassismus war keine bloße Theorie, sondern eng mit der wirtschaftlichen Realität des Kolonialismus und der Sklaverei verbunden.“

Zwar sei Xenophobie – die Angst vor dem Fremden – kein Phänomen der Moderne, erklärt Schnickmann weiter. Doch in der Antike und im Mittelalter sei es möglich gewesen, sich durch Sprache, Kultur oder Religion in eine Gesellschaft zu integrieren.

Das frühe Christentum habe die Gleichheit aller Menschen vor Gott betont. Doch Theologen und Kirchenvertreter hätten immer wieder Wege gefunden, Unterschiede herauszustellen und später sogar die Sklaverei und die „Rassenlehre“ mit dem Glauben zu rechtfertigen.

„Bei Gott gibt es keine Rassen“

„Heute versteht sich die Evangelische Kirche in Deutschland als antirassistisch“, sagt Schnickmann. Die Barmer Erklärung von 1934 sei eine klare Absage an den staatlich verordneten Rassismus des Nationalsozialismus gewesen. Frei von Rassismus sei sie aber keineswegs.

„Er existiert weiterhin – in Gesellschaft, Kirche und Theologie. Die Kirche hat die Aufgabe, sich nicht nur in Predigten gegen Rassismus zu positionieren, sondern aktiv Strukturen zu schaffen, die ihn abbauen“, betont der Historiker. Denn wenn das Evangelium eines klarmache, dann dies: „In Gottes Augen gibt es keine „Rassen“ – nur seine Kinder.“