Podiumsdiskussion des ADFC Weniger Fläche(n) für Autoverkehr
Wuppertal · „Die Stadt Wuppertal hat das Ziel, bis zum Jahre 2025 Fahrradstadt zu werden“ – so ein Ratsbeschluss von 2013. Bei einer sehr gut besuchten Podiumsdiskussion in der Pauluskirche hat der Radfahrerverband ADFC jetzt gefragt: „Wann geht es endlich los?“
Nur zwei Jahre vor 2025 und angesichts der Tatsache, dass das 2018 verabschiedete städtische Radverkehrskonzept bisher nur in wenigen Bereichen umgesetzt wurde, sicher eine berechtigte Frage.
Lorenz Hoffmann-Gaubig, Vorsitzender des ADFC Wuppertal/Solingen, betonte die Unzufriedenheit des ADFC mit den Fortschritten. Er definierte eine Fahrradstadt als „Stadt, in der man gerne Fahrrad fährt und in der die notwendige Infrastruktur dafür vorhanden ist“. Dies liege in Wuppertal aber noch in weiter Ferne.
In einem Impulsvortrag erläuterte Professor Jürgen Gerlach von der Bergischen Universität, der Anteil des Radverkehrs am gesamten innerstädtischen Verkehr in Wuppertal liege nur im mittleren einstelligen Bereich. Verglichen mit anderen Städten in NRW sei das einer der hintersten Plätze. Mit positiven Beispielen aus anderen Städten wie Bottrop, Dortmund, Münster oder Wien untermauerte Gerlach seine Forderungen: „Es muss pragmatische Lösungen geben. Kurzfristig realisierbare kleinere Maßnahmen wie Begrünung, Poller und Fahrradbügel an Kreuzungen und Knotenpunkten, die helfen, Verkehrssicherheit und Aufenthaltsqualität zu verbessern.“
In der anschließenden Podiumsdiskussion ergänzte Kirsten Haberer von der „IG Fahrradstadt“, welche Rolle Bürgerengagement spielen kann: „Mit ‚Fienchen’ haben wir ein kostenloses Verleihsystem für Lastenfahrräder in Wuppertal etabliert, das durch Spenden finanziert wurde“. Darüber hinaus organisiert sie die regelmäßigen „Kidical Mass“-Fahrraddemos in Wuppertal für kinder- und fahrradfreundliche Orte, sichere Schulwege und selbstständige Mobilität.
Sedat Ugurmann, der Vorsitzende des Verkehrsausschusses, betonte, dass Flächen bei der Planung gerecht zwischen Auto-, Fahrrad- und Fußgängerverkehr aufgeteilt werden müssten. Er traf mit dieser Einschätzung allerdings auf Unverständnis der anderen Diskussionsteilnehmer. Die argumentierten, dass die gegebene Flächenverteilung aktuell einseitig den Autoverkehr bevorzuge. Im Verlauf der Diskussion bestritt Ugurman, dass es Politik und Verwaltung an Mut fehle, notwendige Veränderungen für die Radinfrastruktur durchzuführen – alle Fraktionen stünden hinter dem Ratsbeschluss. Ugurmann begründete die mangelnde Geschwindigkeit beim Ausbau der Radinfrastruktur mit den leeren Kassen der Stadt.
Dr. Jürgen Rüdiger, Geschäftsführer der „Connected Mobility GmbH“, einer Tochter der Stadt Düsseldorf mit Start-up-Charakter, erläuterte, dass Budget durchaus verfügbar sei. „Wir fokussieren in Düsseldorf drei unserer Mitarbeiter darauf, Fördermittel für den Bau von Fahrradgaragen, Mobilitätsstationen, Lastenradautomaten und Carsharing-Stationen einzuwerben. Bisher waren das 30 Millionen Euro“, so Rüdiger.
Lorenz Hoffmann-Gaubig ergänzte, dass bisher in Wuppertal fast kein Geld für die Förderung der Fahrradinfrastruktur aus den Töpfen von Bund und Land eingeworben wurde. So sei für den Umbau des Unterdörnen ein Großteil des für Radverkehr zur Verfügung stehenden Budgets aufgebraucht worden. Dabei wäre dieses Projekt, so Hoffmann-Gaubigs Überzeugung, sicher in hohem Maße förderfähig geworden. Das verbrauchte Geld fehle dann aber, um mehr Projekte schneller umzusetzen.
Jürgen Rüdiger lieferte ein atmosphärisches Detail aus der Landeshauptstadt: „Die Eröffnung jeder unserer Mobilitätsstationen, geplant sind 100 Stück verteilt über das ganze Düsseldorfer Stadtgebiet, feiern wir immer mit einem Fest mit lokalen Musikern, Vereinen und Stadtteilinitiativen. Dadurch überzeugen wir die Anwohner, dass Plätze ohne Autos eine hohe Aufenthaltsqualität haben können.“
Viele Wortmeldungen aus dem Publikum zeigten das große Interesse der Veranstaltungsbesucher, die zu einem großen Teil mit dem Fahrrad angereist waren. Es gab viel Beifall für Beiträge, die mehr Mut in Politik und Verwaltung forderten und dabei auf die positiven Beispiele aus anderen Städten verwiesen. Der allgemeine Eindruck: Geld für Maßnahmen scheint verfügbar, Wuppertal müsste es nur abrufen.
Grundsätzlich sei es, so der ADFC, notwendig, Flächen tatsächlich neu aufzuteilen und nicht umweltfreundliche Verkehrsträger gegeneinander auszuspielen. Vielmehr müsse – für Lebensqualität, Klimaziele und sichere Mobilität – der Raum für rollenden und ruhenden Autoverkehr eingeschränkt werden.