Leserbrief Ein „Event im Event“?
Betr.: Konzert im Skulpturenpark
Irritationen bei Besucherinnen und Besuchern des Jazzkonzerts von Till Brönner und Dieter Ilg am 26. Juni 2022 im Skulpturenpark von Tony Cragg: Wer besonders früh gekommen war, um sich einen möglichst guten Platz zu sichern, wurde enttäuscht. Die zu einem großen Block zusammengefassten attraktivsten Plätze direkt vor der Bühne waren komplett als „reserviert“ gekennzeichnet.
Freie Platzwahl, wie es der Einheitspreis hatte erwarten lassen, gab es, aber nur außerhalb dieses Blocks, also an den Seiten und auf den hinteren Rängen. Die Erklärung dafür dürfte mit der Rolle der Nationalbank bei diesem Konzert zusammenhängen, deren Banner einem das erste Mal am Eingangsgebäude begegnete und die, so darf man vermuten, wichtige Kunden zum Konzert im Skulpturenpark eingeladen hatte.
Für die Gäste der Nationalbank gab es eine Extra-Registrierung und einen eigenen Empfangsbereich und zuvor schon eine großzügige VIP-Parkregelung: Gäste der Nationalbank auf den oberen, der Rest auf den unteren Parkplätzen. Offensichtlich hatte sich die veranstaltende Cragg-Foundation ein „Event im Event“ als Konzept ausgedacht, vielleicht im Rahmen eines Sponsoring-Modells, das etwa so ausgesehen haben könnte: Du übernimmst einen signifikanten Teil der Kosten für die Star-Musiker, und ich räume dir Sonderrechte für deine Kunden ein, die du dir mit einer Einladung zu einem besonderen Event gewogen machen kannst.
Dass diese Annahmen mehr oder weniger zutreffen dürften, wurde spätestens in dem Augenblick bestätigt, als wenige Minuten vor dem Auftritt von Till Brönner und Dieter Ilg plötzlich eine Schar von Besuchern in legeren Varianten von Hochkultur-Outfits ins Parkett strömte, um die reservierten Plätze einzunehmen.
Und das Konzert? Gewohnt sehr professionell und kurzweilig, wenngleich hier und da mit etwas zu viel Effekthascherei, etwas zu langen Conferencen und insgesamt leider ein wenig kurz.
Man könnte sich gut vorstellen, dass die Performance ohne das spezielle Veranstaltungskonzept anders ausgefallen wäre und die Musik noch stärker im Mittelpunkt gestanden hätte. Alles in allem daher eine Sache, die in dieser Form nicht wiederholt werden sollte.
Eine Information darüber, dass zwischen Gästen und „Kollateralgästen“ unterschieden werden würde, gab es beim Kartenkauf nicht. Das war nicht nur schlechter Stil, sondern eine ziemlich dreiste Täuschung der „normalen“ Konzertbesucher – zumal, wenn man die Höhe der Ticketpreise bedenkt.
Ich zumindest hätte mich mit dieser Information gegen das Konzert entschieden.
Georg Wilke