Taltontheater: Zwei Wochen ohne Einnahmen könnte man überstehen Humor – trotz Ungewissheit
Ratlosigkeit statt Premieren-Euphorie: Im Taltontheater (TTT) fand vor der städtischen Schließungsverfügung noch die Uraufführung von Stefan Vögels Komödie „Alle außer mir“ statt. Doch das Stück wird wohl so bald nicht mehr zu sehen sein.
Etwa 50 Gäste hatten sich trotz der aktuellen Situation in dem kleinen freien Theater an der Wiesenstraße 118 eingefunden. „Ein letztes Mal noch rausgehen“, wollten viele der Zuschauer. Denn bis wann in Wuppertal auch die kulturellen Einrichtungen wegen der Corona-Pandemie geschlossen bleiben müssen, weiß noch niemand.
„Unser Spielplan bis zu den Sommerferien ist festgelegt. Wir fangen, wenn wir wieder spielen können, mit dem Stück an, das an dem Tag gerade dran ist“, erklärt David Meister, Geschäftsführer des TTT. Deshalb würden die Proben für die nächste Premiere (18. April: „The King’s Speech“) auch weiterlaufen.
Zwei Wochen ohne Einnahmen, so schätzt Jens Kalkhorst, der künstlerische Leiter, könnte das TTT überstehen. Danach würde es kritisch. Er hofft, wie viele seiner Kollegen, dass es schnelle und unbürokratische Finanzhilfe durch die Regierung gibt. Denn die Kosten fürs Theater laufen weiter – auch ohne Zuschauer.
So war die Stimmung am Uraufführungsabend eher gedrückt, obwohl das Stück (Regie: Jens Kalkhorst) durchaus lustige Elemente hat. Eindreiviertel Stunde (mit Pause) ging es in Form einer Seifenoper um ein junges Paar (Moritz Heiermann und Jacqueline Kellner), das heiraten möchte. Doch der strenge Vater der Braut (Klaus Lemanczyk) will vor seinem Segen zunächst die Finanzen des angehenden Schwiegersohns überprüfen. Dieser leidet an Dyslexie und kann bestimmte Zahlen und Buchstaben nicht unterscheiden. Daher sind die Steuererklärungen der letzten Jahre falsch und der junge Mann ist unbewusst total verschuldet. Die Hochzeit ist in Gefahr!
Soweit die nachvollziehbare Handlung. Wieso aber der befreundete Buchhalter des Bräutigams (Niklas Selz) dies trotz sorgfältiger Prüfung nicht bemerkt haben will, bleibt unklar. Vielleicht, weil er mehr mit Frauen wie Isabel (überzeugend: Miriam Kalkreuth) als mit Zahlen beschäftigt war?
Denn das ist das eigentliche Thema dieser Komödie, die durchaus dem Boulevard-Genre zugeordnet werden kann: Wer hat mit wem ein Verhältnis und wann kommt es heraus? Da die jeweiligen Romanzen eingehend besprochen werden und wegen vieler Schimpfwörter ist „Alle außer mir“ erst ab zwölf Jahren freigegeben. Da ist die Titelmelodie der biederen TV-Sendung „Lindenstraße“, die zweimal eingespielt wird, etwas unpassend.
Die witzigste Rolle präsentierte Nicole Sieper als Haushaltshilfe Zita. Sie hatte die Lacher auch wegen ihrer guten Darstellung von Anfang an auf ihrer Seite. Andere Ensemble-Mitglieder mussten sich erst warmspielen. Vielleicht war daran die Ungewissheit Schuld, wie es mit dem Taltontheater weitergeht.
Allein schon aus Solidarität sollte man, sobald die Wuppertaler Theater wieder öffnen, bei ihnen allen (möglichst viele) Karten kaufen ...