Musik mit Bremsscheiben
"Romeo und Julia", die wohl bekannteste Liebesgeschichte der Literatur, wird ab 11. September 2015 in ungewöhnlicher Form in einer Fabrikhalle aufgeführt.
Wie ein kleines Familientreffen, so könnte man die Besetzungsliste von "Romeo und Julia" in der Regie von Robert Sturm beschreiben. Denn nicht nur Ingeborg Wolff und Hans Richter geben sich die Ehre, auch Jörg Reimers, Julia Wolff, Gunda Gottschalk, Stephan Ullrich und Matthias Burkert werden auf der Bühne stehen. Mit bekannten Namen und Gesichtern geht es hinter den Kulissen weiter: Tony Cragg schafft den Bühnenraum, Werner Dickel, Wolfgang Schmidtke und Matthias Burkert sorgen für die richtigen Töne — und Jean-Laurent Sasportes bringt die Darsteller bewegungsmäßig auf Trab.
Die Idee zu diesem Projekt kam Robert Sturm, langjähriger künstlerischer Assistent von Pina Bausch, als er auf der Suche nach ungewöhnlichen Orten in der Stadt unterwegs war, um Auftrittsmöglichkeiten für das Tanztheater während der Jubiläumsspielzeit "PINA40" zu finden. "Dabei kamen wir auch in die Hallen von Riedel Communications und jemand meinte, ein Balkon wäre schon da, also könne man Shakespeares Liebesdrama hier inszenieren. Ein flüchtiger Satz, der sich wohl festgesetzt haben muss", erklärt Robert Sturm, für den die Geschichte um die unerfüllte Liebe nach wie vor aktuell ist — und Fragen aufwirft, die sich auch junge Menschen heute stellen.
Mit den Akteuren aus Wuppertal, Bochum und Köln, dem Stadttheater und der Freien Szene soll nun eine Inszenierung entstehen, bei der nicht nur die Zuschauer hautnah am Geschehen teilnehmen, sondern Raum, Musik, Sprache und Bewegung den gleichen Stellenwert haben.
Dazu brauchte Robert Sturm erstmals starke Partner: Die fand er nicht nur bei Riedel Communications, in deren Hallen bereits die Werkstätten der Wuppertaler Bühnen angesiedelt sind, sondern auch bei den Wuppertaler Bühnen selbst, bei der Jackstädt-Stiftung, dem Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW — und bei vielen Wuppertaler Unternehmen, die mit ihrer finanziellen Hilfe das Projekt ermöglichen.
Wolfgang Schmidtke, als Jazzer sonst eher für die lauteren Töne zuständig, wird hier bewusst die leisen Szenen mit Musik unterlegen, während sein Kollege Matthias Burkert auf Trommeln und Schlaginstrumente setzt: "Eines kann ich schon verraten, eine alte ungarische Drehleier und ausgediente Bremsscheiben unterstützen meinen Sound".
Mit ganz großer Freude, aber auch mit einer gewissen Wehmut geht Ingeborg Wolff in die Proben: "Es ist immer spannend, wenn einem ein Stück im Leben mehrmals begegnet, und schön, mit alten Kumpels zu spielen. Bernhard Glose, der den Romeo spielt, war übrigens mein Schüler. 1989 habe ich die Amme gespielt, nun tue ich es wieder. Es ist zugleich mein Abschied von Wuppertal, denn ich ziehe im Herbst mit meinem Mann nach Leipzig. Einen schöneren Abschied kann es eigentlich nicht geben".
Noch vor der Sommerpause beginnen die Proben. "Es soll eine Inszenierung werden, die auch junge Menschen anspricht, ohne Kitsch, aber auch ohne Zynismus", so der Ausgangspunkt von Robert Sturm.