Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Wir werden Impflinge
Wuppertal · Ich habe im April schon mal darüber gemoppert, dass „Auf Wiedersehen!“ im Zuge von Corona durch „Bleiben Sie gesund!“ ersetzt worden ist. Leider hat mir niemand zugehört, denn inzwischen habe ich schon Mails im Postfach, in deren Signatur die freundlichen Grüße durch „Bleiben Sie gesund!“ ersetzt wurden, und kann keinen Hörer mehr auflegen, ohne den Gesundbleib-Imperativ gehorsamst entgegenzunehmen.
Ich erkläre es deshalb nochmal: „Bleiben Sie gesund!“ ist grammatikalisch betrachtet eine Aufforderung, die impliziert, dass der Angesprochene prinzipiell auch aktiv mutwillig dagegen verstoßen könnte. Von absichtlichhem Erkranken hörte man bisher aber nur früher im Zusammenhang mit der Musterung für die Bundeswehr oder heutzutage im Vorfeld des von der Schwiegermutter vorgeschlagenen gemeinsamen Besuchs eines „Amigos“-Konzerts. Wen man jemandem befehlen könnte, gesund zu bleiben, hätten Pfizer und BioNTech keinen Impfstoff, sondern einen Nato-General entwickelt.
Wenn sich ein pickeliger Führerschein-Neuling Papis Porsche ausleiht, um eine jungen Dame mit einer Spritztour zu beeindrucken, wird man ihm zurufen: „Fahr vorsichtig!“ „Bleiben Sie gesund!“ ist wie „Fahr vorsichtig!“ ohne Führerschein, Porsche und junge Dame. Nämlich sinnlos. Im Prinzip meinen es die „Bleiben Sie gesund!“-Benutzer es natürlich gut, denn in Wirklichkeit wollen Sie „Ich wünsche Ihnen, dass Sie gesund bleiben“ sagen. Auf Letzteres könnte man entspannt mit „Danke!“ antworten und alles wäre gut. Aber haben Sie schon mal versucht, auf „Bleiben Sie gesund!“ angemessen zu reagieren? „Mach ich!“ wäre genauso unsinnig wie „Sie auch!“, weil der Gesprächspartner das ja genausowenig aktiv tun kann wie man selbst. „Danke“ wäre sowieso Quatsch, weil sich höchstens Kunden von Dominas für Befehle bedanken. Und deshalb murmelt man sich meistens irgendwas in den Bart und legt auf.
Falls Sie einen konkreten Vorschlag haben, was man da am besten antwortet, schicken Sie ihn mir gerne. Ansonsten können wir alle nur auf den Impfstoff und die Rückkehr zu „Auf Wiedersehen!“ hoffen. Apropos Impfstoff: In Wuppertal kriegen wir ja ein Impfzentrum auf dem Freudenberg, was schon vom Namen her eine angemessene Adresse ist, weil wir uns alle auf das Ende von Corona freuen. Es gibt bereits bereits ein Konzept des Landesgesundheitsministeriums für den Betrieb dieser Impfzentren, in dem ich einen großartigen Satz gelesen habe, der belegt, dass Corona der Sprachgewalt deutscher Beamter absolut nichts anhaben konnte: „Die Verimpfung eines Impfstoffs gegen SARS-CoV-2 erfolgt über sog. Impfzentren.“
Das Wort „Verimpfung“ beunruhigt mich allerdings etwas. Ich persönlich würde Impfstoff lieber gespritzt oder verabreicht bekommen. „Verimpft“ klingt dagegen ein bisschen wie „verdaddelt“ oder „vermurkst“, was für den Impfling misslich wäre. „Impfling“ ist in dem Konzept übrigens die offizielle Bezeichnung für einen zu impfenden Menschen. Klingt niedlich, ungefähr so wie „Halbling“. „Halblinge“ sind diese zu kurz geratenen Bewohner von Mittelerde in den „Herr der Ringe“-Romanen, die auffällig große, behaarte Füße haben. Wollen wir also hoffen, dass die Wortwahl kein versteckter Hinweis auf mögliche Nebenwirkungen ist ...
Bis die Tage!
„LANGE NACH TORESCHLUSS“ ...
... heißt das vorigen Samstag erschienene neue Buch mit den besten satirischen Beiträgen aus der Rundschau-Kolumne von Roderich Trapp. Wegen der großen Nachfrage gibt es jetzt zusätzliche Verkaufsstellen!
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