Aus dem Tagebuch der Redaktion Ein Rundschau-Zeitungsmensch

Wuppertal · So ein 50. Geburtstag ist oft ein überbordendes Ereignis. Mitten im Leben stehend lässt man es sich und seinen Verwandten und Freunden mal richtig gut gehen. Man hat viel erlebt und gesehen, gehört aber lange noch nicht zum alten Eisen.

Das Objekt.

Foto: Süleyman Kayaalp

Vergleichbare Feierlichkeiten fanden zum 50. des Schauspielhauses nicht statt. Nach Jahren der Schließung hat sich statt dessen eine leichte Patina über das unbespielte Haus gelegt.

Rundschau-Redaktionsleiter Hendrik Walder.

Foto: Bettina Osswald

Umso erfreulicher, dass sich das Tanztheater-Ensemble (anders als die Schauspiel-Sparte) ihres "Wohnzimmers" erinnert und als Geburtstagsgeschenk ihr "Underground"-Projekt vom Juli in eben diesen großartigen Foyer-Räumen wiederholt hat. In den originellen Installationen lebte der Geist großartiger Theaterabende wieder auf und machte Mut für den geplanten Neuanfang als Pina-Bausch-Zentrum.

So entwickelte sich denn ein kurzweiliger Abend mit Tanz, Film, Musik, Rezitation, Gesang und einem kleinen "Walking Act" direkt zu Anfang, der mich speziell ansprach. Da wuselte ein seltsames Wesen durch den Garderobengang — unverkennbar ein Zeitungsmensch. In gewisser Weise also ein entfernter Kollege von mir, der sich aber nicht zu erkennen gab.

Von oben bis unten hatte er Zeitungsseiten mit Klebestreifen zu Bündeln verbunden, die nun bei jeder Bewegung mit leichtem Raschlen zu leben begannen. Wie bei einem langflorigen Tibet-Terrier wogten die Papierbündel hin und her. Und doch entdeckte ich unverkennbar als Basismaterial Rundschau-Artikel und Seitenköpfe. Bei näherer Betrachtung konnte man sogar das Datum erkennen: den 4. Oktober 2014.

Meine späteren Recherchen in unserem Archiv erklärten diese Wahl nicht unmittelbar. Weder das Tanztheater noch das Schauspielhaus fanden in dieser Ausgabe statt, die sich statt dessen unter anderem mit dem bevorstehenden Spitzenspiel des WSV gegen Hönnepel-Niedermörmter beschäftigte.

Immerhin wusste "Paperman" Paul White meine Neugierde offensichtlich richtig zu deuten. Wie zufällig suchte er meine Nähe, umschmeichelte mich mit fließenden Schwüngen, kraulte gar meine Unterschenkel zum Vergnügen der Umstehenden, bevor er sich wieder als Altpapierberg niederließ.

Tja, die meisten Zeitungsexemplare landen ebendort, manche enden als Verpackungsmaterial beim Umzug, einige wenige schaffen es ins Archiv, aber ein paar auserwählte werden zum Kunstobjekt. So wie dieser Stapel vom 4. Oktober 2014.

Von der Ausgabe, in der wir grünes Licht für das Pina-Bausch-Zentrum vermelden, werden wir gleich ein paar Exemplare mehr drucken. Vielleicht braucht Paul White dann mal wieder ein neues Kostüm ...