Aus dem Tagebuch der Redaktion Wie sagt schon Parmenides ...

Wuppertal · "Neapel sehen und sterben" — ich hab' Goethes Aufforderung mal nicht so wörtlich genommen und bin seit kurzem wieder unversehrt an meinem Arbeitsplatz vorzufinden. Allerdings hat mich dieser mittlerweile implantierte "Wuppertal-Blick" auch im Urlaub nicht verlassen

Rundschau-Redaktionsleiter Hendrik Walder.

Foto: Bettina Osswald

Prompt stolperte ich bei der Reiseführer-Lektüre über diese Passage: "Wenn Sie, werter Leser, jetzt einwenden wollten, dass Sie noch vor einer Woche in Wuppertal waren und jetzt dort nicht mehr sind ..." — woher, um alles in der Welt, weiß dieser Buchautor das nur (!) und fährt fort — ".. sondern in Velia (stimmt auch!!!), sich also hierhin bewegt haben, hätte Parmenides darauf schnaubend geantwortet, das sei lediglich Ihre Meinung, ,es gibt nur Sein'."

In dieser Verkürzung ist der Parmenides nicht leicht zu verstehen, gibt der Reisebuch-Autor zu und das liegt nicht nur daran, dass Wuppertal zu Zeiten des griechischen Philosophen noch gar nicht existierte (500 vor Christus gab es nicht mal Cronenberg, geschweige denn Elberfeld oder Barmen). Vielmehr regt sich gegen dessen These, dass es eigentlich überhaupt keine Bewegung gibt, der Widerspruch sogar des im Umgang mit Beamten erfahrenen Bundesbürgers. Denn unabhängig davon, ob "Sein und Geist" etwas Ganzes und Nichterschaffenes seien — schließlich will der Beamte doch auch irgendwann mal nach Hause.

All dies bedenkend, vertiefte ich mich weiter in die Gedankengänge Parmenides. In der Sonne dösend, am Fuße der mit einer Art Bismarckturm von den Römern überbauten altgriechischen Tempelanlage. Eine Zusammenstellung, die seine Ansicht über die Einheit von Raum, Zeit, Geist und Wasauchimmer schon fast bestätigt ...

Parmenides' Schüler Zenon hat die Gedankengänge seines Chefs mit den "Paradoxa" etwas einfacher zu veranschaulichen versucht. Ich übersetze sein berühmtes Wettrennen von Achilles und der Schildkröte mal auf Wuppertaler Verhältnisse: Da gibt es also die vermeintlich träge Wuppertaler "GroKo" von SPD und CDU und eine wieselflinke Opposition von Grünen, Linken und FDP. Beim Wettlauf erhält die "Groko-Schildkröte" einen Meter (sagen wir: Stimmen-)Vorsprung und startet von Punkt B. Den hat die Opposition im Nu erreicht, doch jetzt hat sich die GroKo schon auf Punkt C vorgearbeitet. Als die Verfolger dort eintreffen, sind SPD/CDU schon wieder bei Punkt D — und so weiter. Sie sind einfach uneinholbar. Sagt schon Parmenides.

Während ich mich frage, ob ich eigentlich immer noch im schönen Velia bin, mit Blick aufs Meer und kruden philosophischen Gedankenspielen nachhängend ...