Kommentar zur Überschwemmung auf der Talsohle Nur alle 50 Jahre? Von wegen!

Wuppertal · In Wuppertal ist am Mittwoch und Donnerstag niemand verletzt worden, niemand gestorben, niemand wird vermisst. Kein Haus ist eingestürzt. Das darf trotz aller Verwüstungen nicht vergessen werden.

Stefan Seitz.

Foto: Wuppertaler Rundschau/Bettina Osswald

Andere Gemeinden in NRW und Rheinland-Pfalz wurden ungleich schwerer erwischt von diesem Wetter-Ereignis, das nicht nur Betroffene, Einsätzkräfte und Stadtverwaltungen beschäftigt. Sondern auch alle, die sich fragen, warum das passiert ist – und was es daraus zu lernen gilt. Warum das passiert ist? Wenn das jemand wirklich schlüssig beantworten könnte! Dass die Veränderung unseres Klimas etwas damit zu tun hat, lässt sich kaum wegdiskutieren. Zumal, wenn man sich an Wuppertals 2018er Mega-Regen und dessen Folgen erinnert. Und wenn man am Donnerstagabend TV-Sondersendungen gesehen hat, bei denen die unterschiedlichen Regen- und Wetter-Unglücke in ganz Deutschland aufgelistet wurden, die teilweise nur wenige Jahre oder gar Monate zurückliegen.

Der Wupperverband weist Vorwürfe, man habe zu spät gehandelt, zu spät gewarnt und zu spät mit dem kontrollierten Ablassen der Talsperren reagiert, zurück. Bei der Pressekonferenz des Oberbürgermeisters am Donnerstagnachmittag sagte Thomas Klein, Technik-Leiter des Verbandes, es habe sich um ein „Extremereignis gehandelt, wie es im 100-Jahre-Vergleich nicht erinnerlich ist“. Es sei gelungen, die „Ableitung des Wassers intelligent zu steuern, so dass nicht zwei Überschwemmungswellen aufeinander trafen“ – trotzdem sei das, was passiert ist, unvermeidbar gewesen. Mitten in der Nacht per Sirenen und Lautsprecherwagen die Menschen vor einer Flutwelle warnen und sie auffordern zu müssen, in höhere Etagen auszuweichen, hat allerdings schon etwas von einem Katastrophenfilm ...

Und was kann man lernen? Auf der Starkregen-Gefahrenkarte, die Stadt und WSW im Nachgang zu 2018 erarbeitet und veröffentlicht haben (die Rundschau brachte online am Mittwochvormittag einen Hinweis darauf) heißt es zur Darstellung und Berechnung des dort simulierten schweren Wetters „statistische Wiederkehrzeit 50 Jahre“. Diese Zahl hat die Realität am Mittwoch und Donnerstag korrigiert.

Angesichts der Strom- und Serverprobleme entlang der Talsohle ist sicher auch zu überlegen, wie man hochsensible Technik, von der für Firmen heute fast alles abhängt, speziell in den Tal-Lagen unwetterresistenter machen kann.

Ansonsten: Wuppertal als „Schwammstadt“ (siehe Seite 1) mit absichtlich durchlöcherten Straßen zur Wasserableitung? Klingt seltsam. Ist aber sicher besser, als darauf zu warten, dass die Klimaveränderung gestoppt wird.