Kommentar zum Machtkampf im Rathaus Zurück in die kommunalpolitische Steinzeit?
Wuppertal · Wer „regiert“ in Wuppertal künftig mit oder gegen wen? Und wer kümmert sich in der Verwaltungsspitze demnächst mit welchen Kompetenzen um die Umsetzung dessen, was die Politik im Stadtrat beschließt?
Über diese Fragen wurde in den letzten Wochen hinter den Kulissen intensiv verhandelt, nachdem sich Kämmerer Slawig und Oberbürgermeister Schneidewind überwarfen und in der Folge das Kernbündnis zwischen CDU und Grünen platzte.
Jetzt hat Oberbürgermeister Schneidewind für sich einen Schlussstrich unter die Verhandlungen gezogen und den Ball volley ins Spielfeld der Politik gespielt. Die muss jetzt erklären, warum Wuppertal in Zeiten maximalen Sparzwangs eine weiter aufgeblähte Stadtspitze braucht und, ob man wirklich zur eigentlich schon überwunden geglaubten Praxis zurückkehren will, Dezernentenstellen als Versorgungsposten für Parteigänger zu betrachten.
Glaubt man den Gerüchten aus dem Rathaus, formiert sich in Wuppertal gerade eine Art inoffizielle „Deutschland-Koalition“, in der SPD, CDU und FDP den Oberbürgermeister praktisch kalt stellen und die Dezernate zur Beglückung der bisher Beigeordneten-technisch nicht vertretenen Liberalen erweitern und neu aufteilen.
Ob die dabei gehandelten Namen stimmen oder nicht: Das wäre ein Rückfall in die kommunalpolitische Steinzeit!
Vordringlich nach Parteibuch und erst in zweiter Priorität nach Qualifikation gewählte Dezernenten haben sich in der Wuppertaler Geschichte oft genug nicht gerade als Glücksgriffe erwiesen. Deshalb hatte man sich vernünftigerweise vor noch nicht allzu langer Zeit darauf verständigt, Personal für die Spitzenposten im Rathaus von professionellen Headhuntern suchen zu lassen und dabei Kompetenz vor Proporz zu stellen.
Das hat beim Volljuristen Arno Minas, der nur in zweiter Linie ein Grüner ist und vor allem Amtsleitererfahrung in den Sektoren Umwelt und Bauen mitbrachte, als Beigeordnetem für die Bereiche Wirtschaft, Stadtentwicklung, Klimaschutz, Bauen und Recht sehr gut geklappt. Der Mann bekommt jedenfalls nach meinem Eindruck allseits gute Kritiken.
Deshalb ist es ein Treppenwitz, dass dem Vernehmen nach ausgerechnet Minas‘ Geschäftsbereich radikal zusammengestutzt werden soll, um genug Substanz für ein zusätzliches Dezernat freizusetzen. Ältere Beobachter der Kommunalpolitik wird das an den absurden Fall des langjährigen Beigeordneten Harald Bayer erinnern. Er fand 19 Jahre als einer der ersten deutschen Umweltdezernenten bundesweit Beachtung, ehe sein Zuständigkeitsbereich 2008 bei einem ähnlichen Postengeschacher eingedampft wurde und er die letzten fünf Amtsjahre mit der überschaubaren Verantwortung für die Ressorts Grünflächen, Forsten, Feuerwehr und Gesundheitsamt verbringen musste.
In diesen finanziell so schwierigen Zeiten noch mehr Geld für zusätzliches städtisches Spitzenpersonal auszugeben, wird keinem Bürger zu vermitteln sein. Das hat der Oberbürgermeister den Parteien für die weiteren Verhandlungen mit auf den Weg gegeben, bei denen er selbst jetzt außen vor ist. Er dürfte zumindest in diesem Fall eine breite Mehrheit der Wuppertaler hinter sich haben ...