Fußball-Regionalliga: Nach der Britscho-Entlassung WSV-Analyse: Erwartungen, Punkte und ein Name
Wuppertal · Eine Trainerentlassung beim Wuppertaler SV nach dem sechsten Spieltag — an einen solchen Schritt können sich auch langjährige Wegbegleiter des Fußballclubs nicht erinnern. Was sind die Gründe für das vorzeitige Aus von Christian Britscho?
Eine Analyse.
In erster Linie wurde dem 48-Jährigen natürlich der Punktestand zum Verhängnis. Sieben Zähler aus sechs Partien, darunter aus drei Heimspielen gegen die Aufsteiger — zu wenig für die Erwartungshaltung innerhalb des Vereins, die als Zwischen-Saisonziel den Kontakt zur Tabellenspitze bis zur Winterpause ausgegeben hat. Was fehlte, war die Konstanz. Dem ordentlichen Auftritt gegen Herkenrath (3:1) folgten die Pleite in Essen (1:5) und das unglückliche 1:2 gegen Lippstadt. Das 1:1 in Verl ging in Ordnung, das 4:1 gegen Straelen war überzeugend. In Mönchengladbach (1:2) zeigte sich das Team zwar engagiert, leistete sich aber erneut entscheidende individuelle Fehler.
Britscho versuchte viel, änderte die Aufstellung— und setzte in Gladbach alles auf eine Karte. Er ließ voll auf Sieg spielen. Doch das Team wurde ausgekontert, die Punkte waren weg. Ging er deshalb so hohes Risiko, weil er wusste, dass er unbedingt gewinnen musste? Spekulation. "Ich würde es jederzeit wieder so machen", bekräftigte er nach dem Abpfiff. Lief die Vorbereitung mit hohen Siegen gegen unterklassige Teams und guten Auftritten gegen den 1. FC Köln und Bayer Leverkusen, aber wenigen Duellen gegen Clubs auf Augenhöhe, zu glatt? "Das werden wir dann später sehen", erklärte Britscho vor dem Saisonstart.
Offiziell teilte der WSV in der Pressemitteilung zum Trainerwechsel mit, dass man "im Zuge der allgemeinen Professionalisierung des Vereins" nun einen Cheftrainer in Vollzeit suche. Bislang hatte der Kader meist, bis auf montags, einmal täglich trainiert — auch weil Britscho in seinem Job als Polizeibeamter zeitlich gebunden war. Das allerdings war nicht neu, stand seit langem fest, war abgesprochen und Teil der Saisonplanung. Ob der neue Vollzeit-Übungsleiter den Trainingsumfang (Vorstandsmitglied Manuel Bölstler: "Um das geht es nicht") und die Gegnerbeobachtung intensiviert, wird sich zeigen. Der Mannschaftsrat wurde nach Rundschau-Informationen am Montagabend informiert.
Britscho hatte — nach dem fulminanten Weihnachts- und Neujahrstheater — Stefan Vollmerhausen am 7. Februar abgelöst, als die im Winter transfertechnisch verstärkte Mannschaft aus dem Trainingslager in Spanien zurückkam. in seinen elf Partien als Interimscoach holte er 1,55 Punkte, als Chefcoach ab dem 27. April dann bis zum Sommer 1,67, aktuell eben nur 1,17.
Der WSV landete zum Ende der Saison 2017/18 auf Rang drei. Und genau das könnte ein weiteres Problem gewesen sein. Platz drei mit Christopher Kramer (20 Treffer) als Torschützenkönig weckte vereinsintern die Lust auf mehr — zumal der Regionalliga-West-Meister im Sommer 2019 ohne Relegation direkt in die 3. Liga aufsteigt. Allerdings betrug der Rückstand auf den Ligaersten KFC Uerdingen 20 und auf Verfolger Viktoria Köln 16 Punkte. Rang zehn (RWE) war dagegen nur sieben Punkte entfernt.
Dass Britscho nun die Wende schafft, traute der Vorstand ihm offenbar nach dem neuerlichen Rückschlag in Gladbach nicht zu. Der ehemalige WSV-Trainer auf Anfrage der Rundschau: "Ich hätte gerne weitergemacht und habe es genossen." Mehr mochte er loyalerweise nicht sagen.
Wer wird Nachfolger? Rund um das Stadion am Zoo wabert der Name Farat Toku, der momentan aber beim Ligakonkurrenten SG Wattenscheid 09 unter Vertrag steht. Aus dem müsste er herausgekauft werden. Doch das sind bislang lupenreine Gerüchte. Offiziell bestätigt hat von Seiten des WSV noch niemand das Interesse an dem 38-Jährigen. Auf der Tribüne in Gladbach wurde auch Tomasz Kaczmarek (ehemals Viktoria Köln) gesichtet.
Sicher ist nur: Mittwoch, spätestens Donnerstag soll der neue Coach da sein.