Fußball Lars Kindgen: Vom WSV-Stürmer zum VDV-Geschäftsführer

Wuppertal · Anfang der 1990er Jahre kickte Lars Kindgen als Stürmer für den Wuppertaler SV. Inzwischen ist der 48-Jährige Geschäftsführer der Wirtschaftsdienste GmbH der Vereinigung der Vertragsfußballer (VDV), auf dessen Auswahl der WSV am 18. August in der Sportschule Duisburg-Wedau um 11 Uhr in einem Testspiel trifft. Ein Interview über Vergangenheit und Gegenwart.

Foto: VDV / firo sportphoto

Rundschau: Herr Kindgen, Sie haben 106 Ligaspiele zwischen 1990 und 1994 für den WSV absolviert, darunter 48 Partien in der 2. Liga. Was ist Ihnen aus diesen vier Jahren noch in Erinnerung?

Kindgen: „Das war eine tolle Zeit. Ich kam ja aus der A-Jugend und stand dann in einer Mannschaft mit vielen erfahrenen Spielern wie Rudi Müller und Kurt Balewski. Da konnte ich viel lernen. Wir hatten eine tolle Gemeinschaft, auch neben dem Platz. Und wir haben 1992 in der Aufstiegsrunde den Sprung in die 2. Liga geschafft. Es herrschte damals eine große Euphorie. Man sah an den Zuschauerzahlen, wie groß das Potenzial war. Es war mächtig was los …“

Rundschau: Verfolgen Sie das Geschehen und um den WSV noch?

Kindgen: „Ja, man verfolgt seine ehemaligen Clubs, da besteht ein gesteigertes Interesse. Einige ehemalige Kollegen sind da ja nun in der Verantwortung.“

Rundschau: Wie sieht aus Ihrer Sicht die Lage in den Regionalligen aus?

Kindgen: „Für Traditionsvereine ist das eine ganz schwierige Klasse, sportlich und wirtschaftlich. Es gibt Vereine wie RW Essen oder der WSV, die viele Zuschauer anziehen, aber auch solche, wo es nur 200 sind. Man muss viel investieren, um da rauszukommen. Und in der 3. Liga wird es nicht besser. Es gibt eine Zwei-Klassen-Gesellschaft unterhalb der 2. Liga.“

Rundschau: Erst der WSV, dann folgten Aachen, VfB Lübeck, RWE, Bonn, Holstein Kiel, Osnabrück, Wilhelmshaven und Borussia Lübeck als Stationen auf Ihre Wuppertaler Zeit. Wie wurden Sie danach VDV-Geschäftsführer?

Kindgen: „Ich habe mich bereits 2002 im Bereich Sportmarketing und Events selbständig gemacht. Ich habe drei Jahre für die VDV freiberuflich als Teambetreuer gearbeitet, ehe ich 2010 von Jörg Albracht (ehemaliger WSV-Torwart, Anm. der Red.) die Geschäftsführung der VDV-Wirtschaftsdienste übernommen habe.“

Rundschau: Es sind bewegte Zeiten – worauf liegt momentan das Hauptaugenmerk Ihrer Arbeit?

Kindgen: „Ulf Baranowsky (VDV-Geschäftsführer, Anm. der Red) und ich haben uns die Aufgaben aufgeteilt, wobei vieles ineinanderfließt. Wir helfen den Spielern, wenn sie Probleme mit den Vereinen haben, zum Beispiel bei Insolvenzen. Viele wissen nicht, welche Rechte und Pflichten sie haben und an wen sie sich wenden können. Wir beraten Mannschaften auch im Kollektiv, das erleichtert die Arbeit für den Insolvenzverwalter. Heinz Niggemeier etwa kümmert sich aber auch um die Laufbahnen mit einem Plan B. Es ist für uns zum Beispiel ebenfalls ein Erfolg, wenn ein Spieler eine berufliche Perspektive findet und sich einem Oberligisten anschließt. Hinzu kommen Schulungsprogramme im Nachwuchsbereich und Aufklärung zu Themen wie Wettmanipulation und Doping. Wir haben Spieler von der Bundesliga bis zur Regionalliga sowie im Nachwuchsbereich. Momentan sind es rund 1.400, natürlich auch Frauen. Es geht von der Partnerwerbung über die Pflege der Publikationen und des Internets bis zur Betreuung der Mitarbeiter im Außendienst. Es wird nie langweilig …“

Rundschau: Nehmen in diesem Jahr mehr Spieler am VDV-Trainingscamp teil, das von Peter Neururer geleitet wird?

Kindgen: „Es besteht pro Woche, die normalerweise von Montag bis Donnerstag läuft, eine Kapazität für 20 Spieler. Anmeldungen liegen knapp 40 vor. Es ist keine Pflichtveranstaltung mit dem Muss einer Anwesenheit. Wer beispielsweise einen Termin bei der Arbeitsagentur oder etwas anderes Wichtiges hat, kann dem natürlich nachgehen.“

Rundschau: In den vergangenen Jahren lag die Vermittlungsquote bei bis zu 80 Prozent. Ist das mit Blick auf die Corona-Pandemie auch diesmal möglich?

Kindgen: „Ich denke, dass 70 oder 80 Prozent machbar sind. Die Nachfrage der Vereine ist hoch, auch von Drittligisten. Klar ist aber auch, dass einige Clubs ihre Kader verkleinern. Andere sind nicht in der Lage, Gehälter wie früher zu zahlen. Wichtig sind für uns deshalb auch die Testspiele. Deshalb freuen wir uns sehr, dass wir am 18. August gegen den WSV antreten können.“

Rundschau: Sollten Ihrer Meinung nach Fans beim Start der Bundesliga-Saison 2020/21 wieder zugelassen werden?

Kindgen: „Fußball ohne Fans ist natürlich nicht das, was wir lieben und wollen. Die Verbände und Vereine entwickeln schlüssige Konzepte. Aber natürlich geht die Gesundheit vor, sie darf nichts aufs Spiel gesetzt werden. Es obliegt letztlich dem Gesetzgeber und Gesundheitsämtern. Es gibt ja auch andere Events, die ungeduldig warten. Fußball ist der Vorreiter. Aber einfach wird es nicht. Wen lässt man rein? Blonde? Leute mit großen Füßen? Ultras? Und es ist eine finanzielle Frage: Wer beispielsweise nur 1.000 Zuschauer reinlassen darf, hat für Sicherheit und Hygiene hinterher vielleicht sogar höhere Ausgaben. Im Fokus müssen auf jeden Fall Gesundheit und Sicherheit stehen.“

Rundschau: Wie stehen Sie zum Thema Gehaltsobergrenzen?

Kindgen: „Ich denke, dass es andere Mittel und Wege gibt. Die Vereine sollten, wie jeder Privathaushalt, die Einnahmen- und Ausgabenseite im Auge halten und Geld für schlechte Zeiten zurücklegen, eben besser kaufmännisch wirtschaften.“