OB-Wahl 2015 in Wuppertal: Andreas Mucke (SPD) Wuppertals Marathon-Mann

Wuppertal · Keine Frage, der Mann will OB werden. Wie wohl keiner der anderen Kandidaten kämpft Andreas Mucke (SPD) seit Wochen dafür, dass die Wuppertaler am 13. September seinen Namen kennen — und wissen, wofür er steht.

„Wenn mir alles zu viel wird, gehe ich laufen“, sagt OB-Aspirant Andreas Mucke. Hier ist er auf der Sambatrasse unterwegs.

Foto: Bettina Osswald

Mehr als 300 Termine hat der 48-Jährige seit April absolviert. Irgendwie konsequent, dass er seine Ausdauer beim Laufen auf der Sambatrasse trainiert.

Da sitzen wir also wieder. "Und", sage ich, "wissen Sie noch, was ich Sie vor einem Jahr gefragt habe?" Andreas Mucke lächelt. Es ist ein breites Lächeln. Natürlich weiß er das. Schließlich hatte ihn die Frage ziemlich aus dem Takt gebracht. "Gibt es eine Rolle in der Politik, die Sie reizen würde — etwa die des Oberbürgermeisters?" Damals, im Juli 2014, saßen wir auf dem Ölberg zusammen. Lange hatte er überlegt, dabei ein Schmunzeln nicht verbergen können. Die Antwort fiel dann sehr diplomatisch aus: "Ich bin derzeit mit meinen Aufgaben sehr zufrieden." Auf den Tag genau ein Jahr später treffen wir uns nun auf der Sambatrasse wieder. Längst ist Mucke von der SPD zum OB-Kandidaten gewählt worden. Er versichert: "Ich hatte damals wirklich noch keine Vorstellung, dass mich meine Partei das fragen würde."

"Gebauchpinselt" habe er sich gefühlt, sich aber drei Wochen Zeit genommen, in Ruhe nachzudenken. Und mit seinen drei Söhnen zu sprechen. "Die finden die Idee super und sind sogar stolz. Sonst hätte ich das nicht gemacht." Seither ist der SPD-Politiker unermüdlich im Einsatz, dieser Entscheidung gerecht zu werden. Stadtteil- und Sommerfeste, Gespräche mit Bürgerinitiativen, Haustür- und Straßenwahlkampf, Radfahren mit Ministern, Moschee-Besuche, Drachenboot-Rennen, Christopher-Street-Day, Diskussionsrunden, Treppenlauf — kein Wochenende, keine Veranstaltung, wo man Mucke nicht trifft. Ich spreche da aus Erfahrung. Dazu initiiert er Fachdiskurse, präsentiert Formate wie "Suppe mit Mucke" oder "Mensch Mucke", bei denen die Bürger ihn kennen lernen können, zeigt in den Sozialen Medien Präsenz, mischt sich ein in politische Diskussionen, versucht, Amtsinhaber Jung immer mal wieder anzugreifen.

"Gibt es eigentlich noch Momente, in denen Sie richtig abschalten können?", frage ich den Wahlkampf-Musterschüler. Er nickt. "Kann ich. Wenn mir alles zu viel wird, dann gehe ich laufen. Nach 15 Minuten ist mein Kopf total frei. Dann bin ich tiefenentspannt." Alternativ funktioniere das auch abends beim Fernsehen und mit Schokolade. "Früher", sagt Mucke, der hauptberuflich Geschäftsführer der Quartiersentwicklungsgesellschaft ist, "habe ich mich auf der Bühne abgelenkt. War für zwei Stunden völlig weg und ganz und gar in meiner Rolle." Wer es nicht weiß: Andreas Mucke ist langjähriges Mitglied im TiC-Ensemble, hatte zuletzt in der Rolle des im Rollstuhl sitzenden Philippe in "Ziemlich beste Freunde" überzeugt. Dieses Hobby musste er nun auf Eis legen. "Das Theater fehlt mir schon", gesteht er, "aber ich habe mich ganz bewusst für die OB-Kandidatur entschieden. Das macht es leichter."

Es herrscht reger Betrieb auf der Sambatrasse. Läufer, Spaziergänge, Radfahrer. Viele nicken Andreas Mucke zu, der mit mir auf einer Bank am Zoo-Gelände sitzt. Er grüßt zurück, freundlich. "In einem Interview haben Sie mal gesagt, Ihre größte Schwäche sei Empathie", sage ich zu ihm. "Mal ehrlich, das ist doch eine Antwort wie aus einem Vorstellungsgespräch: Stärken als Schwächen verkaufen — Empathie ist doch etwas Gutes." Mucke schaut nachdenklich. "Ja schon. Aber wenn mir Leute erzählen, dass es ihnen nicht gut geht, sie unter etwas leiden, dann nehme ich mir das sehr zu Herzen. Sowas belastet mich — aber es ist zugleich auch eine Antriebsfeder, etwas dagegen zu tun." Ich habe da bei ihm eine ganz andere "Schwachstelle" ausgemacht: Stimmt es, dass er FC-Bayern-Fan ist? Es stimmt. "Die tragen halt rote Trikots und gewinnen immer — das passt doch", antwortet er herausfordernd. Ich kapituliere ...

Aufgewachsen am Arrenberg und im Briller Viertel, der Vater Handwerksmeister, fand Andreas Mucke mit 16 Jahren den Weg in die SPD, engagierte sich in den 80ern gegen Umweltzerstörung und den Nato-Doppelbeschluss. Heute lebt er in Oberbarmen, treibt die Entwicklung von Wuppertals Quartieren voran und hat sich vor allem auf die Fahnen geschrieben, die Armut in der Stadt — vor allem bei Kindern — zu bekämpfen. Seine Version eines Wuppertaler Oberbürgermeisters sähe so aus: politisch agieren und im Dialog mit den Bürgern sein.

" Was meinen Sie", frage ich, bevor sich unsere Wege trennen, "sind Sie OB, wenn wir uns in einem Jahr wieder treffen?" Wieder ein typisches Mucke-Lächeln. "Wenn ja, lade ich Sie in mein Büro ein."