Tacheles-Kritik an städtischen Plänen Gathe-Projekt: „Entweder naiv oder verlogen“

Wuppertal · Der Wuppertaler Erwerbslosen- und Sozialhilfeverein Tacheles ruft dazu auf, am 6. März um 16 Uhr vor dem Rathaus in Barmen gegen das DITIB-Projekt und für das Autonome Zentrum (AZ) an der Gathe zu demonstrieren. Es hat eine Stellungnahme verfasst. Der Wortlaut.

Visualisierung des an der Gathe geplanten Moschee-Areals der Ditb-Gemeinde Wuppertal.

Foto: DITIB Wuppertal-Elberfeld

„Am 6. März will der Stadtrat über den Bau eines ,islamischen Zentrums‘ an der Gathe in Wuppertal entscheiden. Bauherr ist die DITIB-Gemeinde, die schon jetzt eine Moschee gegenüber dem zukünftigen Baugelände betreibt. Für das Bauprojekt soll das Grundstück, auf dem sich das Autonome Zentrum (AZ) befindet, von der Stadt an die DITIB verkauft und das AZ-Gebäude abgerissen werden. Zwar wird von der Stadt beteuert, dass ein Ersatzgebäude für das Autonome Zentrum gesucht würde, jedoch ist zum einen fraglich, ob es ein solches Ersatzgebäude überhaupt gibt, zum anderen, mit welcher Intensität die Suche betrieben wird.

Vieles deutet darauf hin, dass durch den Abriss des Gebäudes erst einmal Tatsachen geschaffen und die Autonomen um ihr Zentrum gebracht werden sollen. Tacheles e.V. kritisiert die Pläne grundsätzlich und plädiert dafür, dass es definitiv und verbindlich eine geeignete Lösung für das Autonome Zentrum geben muss, falls der Ausbau trotzdem entschieden werden sollte.

Unsere Position lässt sich in zwei zentralen Punkten zusammenfassen:

Die Kritik an der DITIB als Bauherrin

Die DITIB ist ein deutscher Ableger der türkischen Religionsbehörde Dyanet und untersteht somit direkt dem autoritären Regime Erdoğans. DITIB ist die Abkürzung für Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion und wird als solche auch durch den türkischen Staat finanziert. In DITIB-Moscheen wird für Krieg gegen Kurdinnen und Kurden gebetet, der Völkermord an den Armenierinnen und Armeniern geleugnet und Antisemitismus verbreitet. Kritikerinnen und Kritiker des Erdoğan-Regimes und Anhängerinnen und Anhänger der türkischen Opposition werden durch Mitglieder der DITIB und ihr nahestehenden Organisationen ausspioniert und bedroht. (Eine umfassende Kritik an der Ditib ist in einem offenen Brief von Anwohnerinnen und Anwohner an der Gathe nachzulesen: nachbarschaft-gathe.de)

Aus unserer Sicht darf der DITIB für die Realisierung des Bauprojekts kein ,Filetstück‘ in zentraler und frequentierter Lage in Elberfeld angeboten werden, um einen städtebaulich aus den Fugen geratenen Komplex zu schaffen, der zudem mit nachhaltiger Stadtentwicklung kaum zu vereinbaren ist. Das wäre ein verheerendes Signal von der Stadt Wuppertal bzw. dem Stadtrat gegenüber allen demokratischen türkischen und kurdischen Kräften in Deutschland und es wäre ein Wahlkampfgeschenk an Erdoğan und seine AKP.

Jede demokratisch gesinnte Organisation kennt die Rolle und Funktion der DITIB-Gemeinden in Deutschland oder müsste sie kennen. Dem zu entgegnen, man kenne sich seit Jahren in guter Zusammenarbeit vor Ort, ist entweder naiv oder verlogen. Offensichtlich scheint es der Stadt Wuppertal bei dem Bauvorhaben darum zu gehen, möglichst kostengünstig eine Aufwertung des Stadtteils zu erreichen und dabei gleichzeitig soziale Verantwortung (und die damit verbundenen Kosten) abzugeben.

Einer Organisation wie der DITIB eine derart wichtige Rolle bei der Gestaltung eines ganzen Stadtteils zukommen zu lassen und dies dann auch noch mit dem Wunsch nach Vielfalt und Offenheit zu begründen, ist nicht nur blauäugig, sondern auch unverantwortlich.

Dies führt auch direkt zum zweiten Kritikpunkt:

Die Kritik an der Verdrängung des Autonomen Zentrums

Das Autonome Zentrum Wuppertal feiert in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag. Von Beginn an war das AZ ein Ort der Vielfalt, der Selbstorganisation, Kritik und politischer Bildung. Generationen von Wuppertalerinnen und Wuppertaler sind durch das AZ sozialisiert und politisiert worden. Menschen mit geringem Einkommen haben dort die Möglichkeit, am kulturellen Leben teilzunehmen und dieses mitzugestalten.

Im Kampf gegen Neonazis, Rassismus und Faschismus spielte das AZ in Wuppertal immer eine entscheidende Rolle und ist im Protest dagegen für uns immer ein zuverlässiger Partner gewesen. Junge Leute vom Autonomen Zentrum sind meist die ersten, die vor einer bedrohten Synagoge oder auch Moschee stehen und diese vor Rassistinnen und Rassisten schützen.

Dass die Stadt Wuppertal ohne Not – denn ein abgespecktes Bauprojekt könnte auch ohne den Abriss des AZ umgesetzt werden – eine derart wichtige Institution unserer Stadt aufgeben will, ist aus unserer Sicht nicht hinnehmbar.

Wir solidarisieren uns daher mit dem bedrohten Autonomen Zentrum.

Wir lehnen die Pläne für einen dominierenden DITIB-Komplex an der Gathe ab und fordern die Verantwortlichen im Stadtrat auf, gegen das geplante Bauvorhaben zu stimmen.“