Interview mit Helge Lindh, dem Organisator der Wuppertaler Syrien-Hilfe "Wir sind alle gefordert"

"In unserer Mitte" lautete das Motto einer Benefizveranstaltung am vergangenen Sonntag (11. Januar 2015) im Opernhaus. Der Reinerlös des ausverkauften Abends wird der Unterstützung syrischer Flüchtlinge dienen.

Regionale und internationale Künstler sorgten für einen sechsstündigen Benefizabend, den Helge Lindh federführend organisierte.

Foto: Raina Seinsche

Rundschau-Redakteurin Sabina Bartholomä sprach mit Initiator Helge Lindh über das Projekt und dessen Fortführung.

Wann kam Ihnen die Idee zu dieser Hilfsaktion?

Ich habe im Spätsommer verschiedene syrische und iranische Familien begleitet, denen die Flucht über die Türkei gelungen war. Es gibt für syrische Flüchtlinge vor allem drei Möglichkeiten, nach Deutschland zu kommen, als Asylbewerber oder durch die Aufnahme in das Bundes- und Landesprogramm. Die Aufnahme in ein solches Programm ist nicht leicht. Hinter jeder Flucht steckt auch eine persönliche Geschichte, viele sind von den Ereignissen in ihrer Heimat traumatisiert, wenn sie hier ankommen. Deutschland ist ihnen fremd, Krieg hat sie zur Flucht gezwungen, sie sprechen die Sprache nicht, müssen aber hier von vorne anfangen.

Wie ist der Name "In unserer Mitte" entstanden?

Er sollte nicht den Eindruck erwecken, dass die Aktion einseitig ist, Wuppertaler helfen armen Flüchtlingen. Ich möchte, dass diese Menschen hier angenommen werden, mitten in der Stadt und nicht am Rand. Hier sind wir alle gefordert. Dazu passt das Konzept der Stadt, Flüchtlinge nicht in Sammelunterkünften, sondern in überschaubaren Wohneinheiten unterzubringen.

Wie wird es weitergehen?

Mit unterschiedlichen Veranstaltungen, bei denen die Kultur als Ankerpunkt dient. Die Schauspieler Ann-Kathrin Kramer und Herbert Krassnitzer haben ihre Unterstützung zugesagt. Lesungen, Filmabende, Musik, es soll außerdem ein Netzwerk der Begegnungen entstehen. So möchten wir die extrem gute Arbeit von Caritas, Diakonie, SkF, AWO und Stadt stärken.

Wie kann der einzelne Wuppertaler konkret helfen?

Durch Patenschaften. Sportvereine können Flüchtlinge ins Vereinsleben integrieren. Man kann die Familien bei Behördengängen oder Arztbesuchen begleiten, Einladungen zu Konzerten oder in den Zoo aussprechen, ihnen helfen, unsere Sprache zu lernen. Man muss ihnen ein Stück Alltagsleben geben, damit sie ihre Traumatisierung überwinden, auch wenn die Erinnerung an das Erlebte immer bleibt.

Wie ist der Bildungshintergrund dieser Menschen?

Sehr unterschiedlich. Es gibt Handwerker, Studenten und Akademiker, auch Flüchtlinge mit geringer formaler Bildung. Sie alle brauchen unterschiedliche Hilfsangebote.

Von welchen Zahlen sprechen wir?

Aktuell sind bis zu 400 syrische Flüchtlinge nach Wuppertal gekommen, in der Stadt leben zudem viele Syrer, die schon früher gekommen sind. Aber unsere Angebote werden sich nicht nur auf diese Nationalität beschränken. Außerdem möchten wir mit unserer Arbeit ein Zeichen gegen "Pegida" setzen, nicht nur demonstrieren, sondern aktiv etwas tun.

Profitieren auch die Helfer von der Situation?

Auf jeden Fall. Sie lernen Menschen kennen, denen sie im Normalfall nie begegnen würden, haben die Chance, in eine fremde Kultur einzutauchen, beide Seiten können Vorurteile überwinden.

20.000 Euro sind am Sonntag zusammen gekommen, wie soll das Geld verwendet werden?

Für das Nötigste. Erstausstattung, Kleidung, Fahrtkosten, außerdem besteht ein sehr hoher Bedarf an Trauma-Therapie. Es liegt ein langer Weg vor uns, und noch ist es eine Vision, aber unser Ziel ist es, den Neuwuppertalern ein gutes Leben in unserer Mitte zu eröffnen.

(Rundschau Verlagsgesellschaft)