Top Wuppertal Drews – eine automobile Familiengeschichte

Wuppertal · Während der Nachkriegszeit entstand mit der Firma Drews Karosseriebau in Wuppertal ein Unternehmen, das ganz besondere automobilhistorische Spuren hinterlassen hat: Und zwar in Form atemberaubender Sonderanfertigungen von Sport-Cabriolets und ausgeklügelter Patente. Die Geschichte des Familienbetriebs, die 2001 endete, hat Joachim Drews jetzt in Buchform herausgebracht. Eine wahre Fundgrube für Oldtimer-Freunde – und ein eindrucksvoller Beleg für den handwerklichen Erfindergeist, der die Nachkriegsjahre prägte.

Familie Drews Anfang der 50er Jahre im Opel-Cabriolet aus eigener Produktion. Am Steuer Firmengründer Gerhard Drews.

Foto: Archiv Drews

Genau das – nämlich handwerklicher Erfindergeist der Nachkriegszeit – ist auch der Untertitel des 243 Seiten starken Werks, das Drews gemeinsam mit Manfred Seehusen auf die Beine gestellt hat. Die beiden verbinden die gemeinsamen Enkel und eine gehörige Portion Benzin im Blut. Drews, der 1979 in den Familienbetrieb eintrat, arbeitet bis heute als KfZ-Sachverständiger, Seehusen ist ausgewiesener Oldtimer-Experte und Verfasser eines Standardwerks über die legendäre BMW Isetta.

Die ideale Kompetenz-Kombination also, um sich mit der Historie des Unternehmens zu beschäftigen. Die lag bis dato tatsächlich nur in Bruchstücken vor. „Als ich in die Firma gekommen bin, bestand die ganze Dokumentation aus einem Schuhkarton und einem Schnellhefter“, erinnert sich Drews, der jetzt die Corona-Lockdowns nutzte, um diesen Zustand gemeinsam mit Seehusen zu ändern. (Bilder:)

Drews Karosseriebau: Eine automobile Familiengeschichte aus Wuppertal
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Automobile Familiengeschichte aus Wuppertal

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Foto: Archiv Drews

Und das ist gut so, denn was Firmengründer Gerhard Drews und seine Brüder Werner und Erwin nach dem Krieg an den Start brachten, ist tatsächlich denkwürdig. Der gelernte Karosseriebauer Gerhard Drews (Jahrgang 1912) hatte bis 1945 in den Diensten des Wuppertaler Flugzeugkonstrukteurs Gottlob Espenlaub gestanden und noch vor Kriegsende seinen eigenen Betrieb gegründet, in den die Geschwister später einstiegen. Die erste Sonderkonstruktion, die damals noch in der Werkstatt am Rauental entstand, war ein für die eigenen Zwecke entwickelter Pritschenwagen auf Basis des VW Käfer.

Danach aber drehte sich bei Drews fast alles um sportliche Cabriolets, die von den Herstellern nicht produziert wurden, aber bei damals schon zahlungskräftigen Kunden durchaus auf der Wunschliste standen. Quasi ein Verkaufshit war das 1947 ebenfalls auf Käfer-Basis gebaute Drews VW Sport-Cabriolet, das Kunden sowohl in Wuppertal direkt oder bei jedem Volkswagen-Händler bestellen und nach eigenen Wünschen ausstatten lassen konnten. Rund 100 Exemplare zum stolzen Preis von bis zu 10.000 Mark wurden hergestellt, ein einziges hat bis heute im Privatbesitz in Oberursel überlebt.

In den 50er Jahren häuften sich dann spektakuläre Sonderanfertigungen im Kundenauftrag. Zum Beispiel in Form einer Anfrage zur Anfertigung eines VW Porsche Coupés. Die fünf eng mit Schreibmaschine gefüllte DINA4-Seiten umfassende Beschreibung des Bestellers – ein Bergwerksdirektor aus Hannover – fand Joachim Drews bei seinen Recherchen. „Sein Eindruck: „Der Mann muss ein echter Autokenner gewesen sein.“

Ebenfalls ein ganz besonderes Einzelstück entstand im Auftrag des Velberter Rennfahrers Walter Schlüter. Für ihn baute die Drews-Crew einen Wagen, der auf Basis eines Alfa Romeo die Stilelemente des allseits Aufsehen erregenden VW-Sportcabriolets aufnahm und sich an der Formgebung des Fahrzeugdesigners Pininfarina orientieren sollte. Es entstand ein absoluter Hingucker mit Aluminium-Karosserie in konsequenter Ponton-Form und eleganten Speichenfelgen, der zum schönsten gehören durfte, was die seit 1951 am Hofkamp ansässigen Tüftler herstellten.

Parallel dazu entwickelte Drews technische Lösungen, die den erwähnten Erfindergeist eindrucksvoll belegen. Dazu gehörten ein nach vorne versenkbares Cabrio-Verdeck genauso wie einklappbare Heckscheiben, hinten angeschlagene Vordertüren oder Vorrichtungen zum Verstauen von festen Dächern, die bei offenen Wagen heute wieder im Kommen sind. Dieses Know-how trug den Betrieb noch jahrzehntelang weiter und fand auch im Rennsport seinen Niederschlag. Ein Formel-Junior DKW aus der Drews-Karosserieschmiede, der 1980 beim Eifelrennen auf dem Nürburgring an den Start ging, wurde sogar zuvor auf der damals noch nicht eröffneten, aber schon befahrbaren A1 in Langerfeld getestet.

Solche Anekdoten, die Historie vieler weiterer Modelle und die Familiengeschichte haben Drews und Seehusen in ihrem Buch ausführlich dargelegt und mit rund 500, für einen besseren Eindruck teils passend nachkolorierten Fotos ergänzt. So bleibt die Vita eines bemerkenswerten Unternehmens weiter lebendig, von dem sonst kaum noch Spuren vorhanden sind.

Immerhin: Ein altes Schätzchen tauchte 2012 in Bayern auf und konnte von Joachim Drews heimgeholt werden. Die Karosserie des Ford Taunus-Cabriolets aus den frühen 50er Jahren ist bis heute zumindest noch ein handfestes Erinnerungsstück zum Anfassen.