SEK-Einsatz Razzia in Wuppertal gegen mutmaßliche Mafia-Mitglieder

Wuppertal · Einsatzkräfte der Polizei NRW und der Staatsanwaltschaft Düsseldorf haben am Mittwochmorgen (3. Mai 2023) Objekte in Wuppertal durchsucht. Die Aktion war Teil eines Schlags gegen Mitglieder der europaweit agierenden Mafia-Organisation ‘Ndrangheta und gegen internationale Drogenhändler.

Mitglieder eines Sondereinsatzkommandos (Archivbild).

Foto: Christoph Petersen

Insgesamt standen dabei 50 Objekte (Häuser, Wohnungen, Büros und Geschäftsobjekte) in Nordrhein-Westfalen sowie vier Objekte in Erfurt (Thüringen) im Visier. 18 Haftbefehle wurden vollstreckt.

Hintergrund ist ein Verfahren der bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf angesiedelten Zentral- und Ansprechstelle für die Verfolgung Organisierter Straftaten in Nordrhein-Westfalen (ZeOS NRW), das sich gegen mutmaßliche Verantwortliche, Mitglieder und Unterstützer einer deutschen sowie einer ausländischen kriminellen Vereinigung ('Ndrangheta) richtet. Der Schwerpunkt der Maßnahmen lag in den Städten Bedburg, Bergisch-Gladbach, Siegen und Wuppertal.

„Den rund 35 Beschuldigten wird – in unterschiedlichem Umfang – neben der Mitgliedschaft oder Unterstützung einer kriminellen (ausländischen) Vereinigung unter anderem bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie gewerbs- und bandenmäßige Geldwäsche vorgeworfen“, so das Landeskriminalamt am Montag.

Ausgangspunkt der seit Juli 2020 andauernden Ermittlungen waren demnach Hinweise der italienischen Strafverfolgungsbehörden zu Straftaten im Zusammenhang mit der italienischen Mafia-Organisation 'Ndrangheta unter anderem in Nordrhein-Westfalen.

Das LKA gab bekannt: „Einem Zusammenschluss von sieben Beschuldigten wird vorgeworfen, auf Geheiß eines hochrangigen Mitglieds der 'Ndrangheta aus San Luca in Kalabrien ein Eiscafé in Siegen betrieben zu haben. Bei diesem handelt es sich nach Erkenntnissen der italienischen Strafverfolgungsbehörden um einen führenden Verantwortlichen im internationalen Kokainhandel, welcher mutmaßlich einen Teil des Erlöses aus den Betäubungsmittelgeschäften, circa 400.000 Euro, in eine Eisdiele investiert haben soll. Diese diente zum einen der Wäsche der illegalen Betäubungsmittelgewinne, zum anderen auch als Logistikstützpunkt für die 'Ndrangheta in Nordrhein-Westfalen.

Um die inkriminierte Herkunft des Geldes und den wahren Geldgeber zu verschleiern, gründete der 36 Jahre alte, italienische Beschuldigte offiziell eine GmbH und betrieb das Eiscafé gemeinsam mit seinem 38 Jahre alten Bruder. Dort stellten sie unter anderem Kuriere und Strohleute mit italienischer Staatsbürgerschaft an und zahlten einen Teil der Einnahmen aus dem Tagesgeschäft auf bislang nicht bekanntem Weg an die im Hintergrund agierenden Mitglieder der 'Ndrangheta.

Im Fokus des Verfahrens steht weiterhin der 62 Jahre alte Hauptbeschuldigte aus dem Raum Hattingen. Dieser ist dringend verdächtig, als führender Kopf ein professionell agierendes internationales Betäubungsmittel-Netzwerk betrieben und insbesondere Kokain für hochrangige Mitglieder der 'Ndrangheta geschmuggelt zu haben. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen bezog die Tätergruppierung die Betäubungsmittel aus den Niederlanden sowie Belgien und transportierte dieses mittels umgebauter Fahrzeuge, die jeweils über ein spezielles Versteck verfügten, nach Italien. Auf diese Art und Weise sollen die Beschuldigten in wechselnder Besetzung durch mindestens 58 Schmuggelfahrten alleine im Zeitraum Februar 2018 bis November 2022 circa 900 Kilogramm Kokain nach Italien transportiert haben.

Aufgabe des Hauptbeschuldigten war es hierbei, über die Eingliederung von Personen in das Netzwerk zu entscheiden, den Kontakt zu den internationalen Auftraggebern zu halten, die Geldflüsse des Netzwerkes zu koordinieren und den reibungslosen Ablauf der einzelnen Schmuggelfahrten zu gewährleisten. Dem Netzwerk werden derzeit 17 Beschuldigte zugerechnet.

Der 62-jährige Hauptbeschuldigte steht überdies im Verdacht, bereits in den Jahren 2008/2009 mindestens eine Tonne Kokain nach dem oben genannten Modus Operandi nach Italien transportiert zu haben. Darüber hinaus sind mehrere Beschuldigte des Netzwerkes sowie aus dessen unmittelbaren Umfeld verdächtig, mit Marihuana und Amphetamin im Kilobereich Handel getrieben zu haben.“

Die Durchsuchungen in NRW fanden in Bedburg, Bergisch-Gladbach, Bergkamen, Breckerfeld, Castrop-Rauxel, Datteln, Dortmund, Essen, Fröndenberg, Hagen, Hattingen, Netphen, Neuss, Siegen, Velbert und Wuppertal statt. Weitere chungen gab es in Erfurt (Thüringen). Insgesamt waren rund 500 Einsatzkräfte beteiligt, darunter die Einsatzhundertschaft, das Spezialeinsatzkommando und Diensthundeführer.

Im Vorfeld hatte die ZeOS NRW gegen 16 Beschuldigte Haftbefehle erwirkt. „Diese konnten widerstandlos in Bergisch-Gladbach, Castrop-Rauxel, Hagen, Hattingen, Siegen, Velbert sowie Wuppertal festgenommen werden und sollen im Laufe des Tages dem Haftrichter vorgeführt werden. Zusätzlich vollstreckten die Einsatzkräfte im Rahmen der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe zwei europäische Haftbefehle“, heißt es.

„Die Ermittlungen machen deutlich, dass wir einen langen Atem und einen langen, internationalen Arm haben“, sagt Ingo Wünsch, Leiter des LKA NRW. „Und dieses Verfahren zeigt wieder mal, dass Ausdauer, Geduld und internationales Zusammenwirken das Erfolgsrezept gegen internationale Organisierte Kriminalität ist.“ In Bedburg und Siegen wurden zudem Beschuldigten, die Eiscafés in den Städten betrieben, durch die Stadtverwaltungen und in Zusammenarbeit mit dem LKA NRW die Gewerbeerlaubnisse entzogen.

Außerdem wurden bei dem europaweiten Großeinsatz zeitgleich durch die zuständigen Sicherheitsbehörden in Belgien, Frankreich, Italien, Portugal, Rumänien, Slowenien und Spanien sowie in Bayern, Rheinland-Pfalz und im Saarland Maßnahmen umgesetzt. Bis zu einer etwaigen rechtskräftigen Verurteilung gelten die Beschuldigten als unschuldig.