Kritik an politischer Kultur Gérard Ulsmann hat die FDP-Fraktion verlassen

Wuppertal · Gérard Ulsmann hat seinen Austritt aus der Wuppertaler FDP-Fraktion bekanntgegeben und seinen Posten als Beisitzer im FDP-Vorstand niedergelegt. Er will bis zum Ende der Ratsperiode weiterarbeiten, zunächst als fraktionsloser Abgeordneter.

Gérard Ulsmann.

Foto: Ulsmann

„Spätestens nach der gescheiterten Wahl des Bewerbers Alexander Vogel als Beigeordneter für die Bereiche Personal, Digitalisierung und Wirtschaft stand die derzeitige Politik im Rat der Stadt Wuppertal vor einem Scherbenhaufen. Die sich bereits im Vorfeld des Bewerbungsverfahren durch eine Auswahlkommission abzeichnende, schwierige Wahl wurde seitens der Fraktionen CDU, SPD und FDP weiter fokussiert. Nachdem bereits ein anderer Bewerber aus der FDP an den Auswahlkriterien der Agentur, welche den Prozess begleitete, scheiterte, scheiterte Herr Vogels Wahl dann leider endgültig“, blickt Ulsmann zurück. „Die hier praktizierte Taktik des erlauchten Kreises, indem sich drei Fraktionsvorsitzende zusammensetzen und mal wieder nach Parteibuch einen Kandidaten ausklügeln, ist damit endgültig an sein Ende gekommen.“

Im Anschluss habe viele offene Briefe und Stimmen aus der Wuppertaler Zivilgesellschaft gegeben, „die uns als Politiker anmahnten, das bisher gelebte Verfahren so nicht mehr weiterzuführen und endlich nach Kompetenz und vor allem Transparenz im Dialog mit den Fraktionen in ihrer Breite und den einzelnen Stadtverordneten zu diskutieren und solche Dinge zu beschließen“.

Ulsmann: „Zudem sollte nicht nur die Frage der Selbstkritik auch an mich persönlich und uns als FDP-Fraktion herausgestellt werden, sondern auch dem dringenden Appell vieler Bürgerinnen und Bürger, der uns als Politik erreichte, endlich Rechnung getragen werden und eine Erneuerung in personeller und inhaltlicher Sicht vorgenommen werden.“ Den bisher beschrittenen Weg müsse man „auch reflektiert hinterfragen und die bisher nicht stark genug und öffentlich dargestellte Missbilligung dessen durch mich möchte ich damit zum Ausdruck bringen. Das kann nicht der Weg des gemeinsamen Miteinanders in unserer Stadt sein. Dafür möchte ich mich auch bei den Bürgerinnen und Bürgern einmal entschuldigen und sagen, jawohl verstanden. So nicht.“

Er sei „in die ehrenamtliche Politik gegangen, um das Beste für meine Heimatstadt im demokratischen Konsens und Dialog mit den anderen Stadtverordneten zu bewirken. Die zutiefst persönlichen Anfeindungen, Verleumdungen und teilweise auch wahrheitswidrigen Anfeindungen, die seitens der eigenen und aus den eigenen Reihen danach auf mich eingeschlagen sind, waren verletzend, schmerzhaft und stellten mich bereits vor zwei Wochen vor die Frage, ob das durch mich aufgebrachten jahrelange und intensive Engagement und die daraus resultierenden Reaktionen, lediglich aus den eigenen Reihen, noch im Verhältnis zueinanderstehen.“

Die „vielen positiven Rückmeldungen von Parteimitgliedern, Bürgerinnen und Bürgern, Vereinen und Organisationen, aber auch aus anderen Parteien“ hätten ihn jedoch „bestärkt, endlich Missstände und Handlungsabläufe in Wuppertal offen anzusprechen und dringend notwendige Veränderungen in unserer Stadt anzustoßen“. Statt sich seit einem Jahr „nur mit Personalfragen und wie man an und in welche Ämter kommt zu beschäftigen“ hätte es der FDP-Fraktion „gut angestanden, sich mehr auf inhaltliche Themen zu konzentrieren“.

Den Wechsel im Fraktionsvorsitz von Alexander Schmidt zur neuen Doppelspitze mit Karin van der Most und René Schunk hat Ulsmann „zunächst begrüßt“. Er halte ihn „für richtig und wichtig. Darüber bestand auch in der gesamten FDP-Fraktion Konsens. Allerdings musste ich relativ schnell erkennen, dass auch der bereits in der Vergangenheit beschrittene Weg mit neuen Kräften so weitergeführt werden soll wie bisher und man weder eine Aufarbeitung noch wirkliche Veränderung wünscht.“

Ulsmann kritisiert: „Wer einmal gewagt hat, seine Meinung als frei gewählter Stadtverordneter zu äußern und damit gegebenenfalls auch problematische Thematiken in der Öffentlichkeit kundgetan, hat den Zorn der eigenen Reihen zu erfahren. Leider musste ich diese Erkenntnis in den letzten Wochen am eigenen Leibe erfahren. Das hier von manchen offen zur Schau gestellte Demokratieverständnis halte ich zumindest für bedenklich. Der ängstlich befürchtete Schaden der Partei ist wichtiger und wird wie ein Gral gehütet. Selbstreflexion oder Selbstkritik sowie der Wille zur Veränderung sind dabei leider völlig zweitrangig. Verbale Anfeindungen und verletzende Worte, Unterstellungen, haltlose Behauptungen und ein geschlossenes Vorgehen gegen einen Einzelnen sind die Folge.“

Ulsmann zieht folgendes Fazit: „Mir fällt dieser Schritt nicht leicht. Ich habe 13 Jahre in dieser Partei unter anderem als Mitglied im Kreisvorstand, als Vorsitzender der Jungen Liberalen und seit 2014 als Bezirksvertreter in der BV Elberfeld-West sowie seit 2020 als Stadtverordneter im Rat der Stadt Wuppertal mit viel Herzblut, Engagement und zeitlichem Einsatz und auch in schwierigen Zeiten, wie dem verpassten Wiedereinzug der FDP in den Bundestag 2013, für die liberale Sache gekämpft. Dabei stand oft das persönliche und private Leben hintenan. Leider ist für mich aufgrund des zerstörten Vertrauensverhältnisses und der persönlichen Angriffe ein Maß erreicht, welches eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr möglich macht.“

Aber: „Da mich aber mein Wirken für meine Heimatstadt und der viele Zuspruch von Bürgern, Freunden und der Familie weiterhin bestärkt, mich für Wuppertal einzusetzen und den angestoßenen Prozess der Erneuerung, auch unseres Politikstils und der Art, wie wir miteinander umgehen und Politik machen wollen, wichtig ist und ich mein Mandat auch als Auftrag der Menschen sehe, werde ich selbstverständlich als Stadtverordneter im Rat der Stadt Wuppertal bis zum Ende der Legislaturperiode bleiben. Derzeit als fraktionsloser.“

(red/jak)