Interview: Anna Mahlert von der Elternintitiative Kleine Höhe Forensik: "Es muss Alternativen geben"
Wuppertal · Seit vor drei Jahren bekannt wurde, dass das Land den Bau einer forensischen Klinik in Wuppertal plant, gibt es Proteste auf Lichtscheid und auf der Kleinen Höhe. Rundschau-Redakteurin Sabina Bartholomä sprach mit Anna Mahlert, Sprecherin der Elterninitiative Kleine Höhe.
Rundschau: Was spricht gegen die Kleine Höhe als Standort?
Anna Mahlert: Es geht nicht nur um die Kleine Höhe, sondern um Wuppertal. Käme die Forensik, wären wir bundesweit die einzige Stadt mit drei Vollzugseinrichtungen. Schon jetzt ist die Zahl der hier lebenden inhaftierten Menschen zu hoch für den Bezirk. Das Argument von Ministerin Steffens, bei einer Forensik handelte es sich um eine medizinische, nicht um eine juristische Einrichtung, lasse ich nicht gelten.
Rundschau: Gibt es weitere Gründe, den Bau abzulehnen?
Anna Mahlert: Ja, finanzielle. Die Erschließung der Kleinen Höhe soll 22 Millionen Euro kosten. Wer zahlt diesen Betrag? Es kann nicht sein, dass eine klamme Stadt wie Wuppertal diesen Betrag in die Hand nimmt, um Landesaufgaben zu finanzieren. Auch kämen erhebliche Ausgaben auf die Diakonie zu, Opfer und Täter in unmittelbarer Nähe zu therapieren geht einfach nicht. Daran sind ja die Verhandlungen mit der Diakonie gescheitert. Außerdem ist die Kleine Höhe als Bauland nicht geeignet.
Rundschau: Wo liegen da die Probleme?
Anna Mahlert: Unterirdisch verlaufen hier sieben Bäche, es sind Dolinen entstanden. Da kann man nicht mal eben ein Gebäude drauf setzen. Es gibt darüber Gutachten. Zwar ist das Gebiet als Gewerbefläche ausgewiesen, aber wegen der zu erwartenden hohen Baukosten hat sich kein Unternehmen hier angesiedelt. Es ist eine unversiegelte Grünfläche, die als Naherholungsgebiet dient. Der BUND hat bereits den Antrag auf Flächennutzungsänderung gestellt, damit die Kleine Höhe zum Landschaftsschutzgebiet erklärt wird.
Rundschau: Dem Land dürfte das bekannt sein, warum doch das Beharren auf Wuppertal?
Anna Mahlert: Ich halte Ministerin Barbara Steffens für eine intelligente Frau, die ich respektiere. Für sie war es ein geschickter Schachzug, sie ist aus der Schusslinie, OB Andreas Mucke hat den Schwarzen Peter. Das Land will nach wie vor auf Lichtscheid bauen, hier muss kein Gelände angekauft werden, die Fläche ist bereits erschlossen und versiegelt. Sollte die Erschließung der Kleinen Höhe in zwei Jahren nicht gelingen, setzt das Land seine ursprünglichen Ziele um.
Rundschau: Ist Angst vor der Forensik ebenfalls ein Kriterium?
Anna Mahlert: Nein, natürlich machen sich einige Menschen Sorgen, aber diese Angst ist irrational. Viel mehr Gefahr geht von gestörten Menschen aus, die unentdeckt unter uns leben. Sollte wirklich ein forensischer Patient flüchten, wird er alles daran setzen, die direkte Umgebung der Klinik schnellstens zu verlassen.
Rundschau: Gibt es Reaktionen aus den Nachbarstädten?
Anna Mahlert: Velbert wird sich sicherlich gegen das Projekt stemmen, dort ist gerade die Erweiterung des Neubaugebiets Rosenhügel beschlossen worden, Wülfrath war bisher immer sehr zurückhaltend. Aber eines ist sicher: Viele Anwohner der Kleinen Höhe werden klagen.
Rundschau: Wie werden die Initiativen jetzt reagieren?
Anna Mahlert: Zuerst ein persönliches Gespräch mit der Ministerin suchen, weiterhin die Öffentlichkeit informieren und gegebenenfalls rechtliche Schritte in Erwägung ziehen, auf Zeit spielen.
Rundschau: Was erwarten Sie von Oberbürgermeister Mucke?
Anna Mahlert: Offenheit. Den ersten Schritt dazu hat er getan. Wir, der Bürgerverein Eckbusch und die Initiative Kleine Höhe wurden einen Tag vor der Pressekonferenz informiert. Er tut sich mit dem Deal keinen Gefallen. Die Zeit, die ihm bleibt, sollte er nutzen, nach geeigneten Industriebrachen zu suchen und dem Land anbieten.