20 Jahre "Uncle Ho" Im Herzen noch eine Schülerband
Wuppertal · Von Auftritten beim Wuppertaler Rockförderpreis zur Vorband der "Smashing Pumpkins" und Treffen mit Run D.M.C.: Die Wuppertaler Jungs von "Uncle Ho" haben viel erlebt in 20 Jahren. Zeit für einen Rückblick — und eine fette Geburtstags-Sause.
1995: In Israel wird Jitzchak Rabin bei einem Attentat getötet. Der Football-Star O.J. Simpson wird vom Vorwurf des Mordes an seiner Frau freigesprochen. Christo verhüllt den Reichstag. Helmut Kohl ist Kanzler, Borussia Dortmund Deutscher Meister und "Multimedia" das Wort des Jahres. In Wuppertal wird die neue Elefantenanlage sowie die frisch renovierte Historische Stadthalle eröffnet. Und es erscheint mit "Tilt" die erste Platte der Band "Uncle Ho".
Jetzt, am 12. Dezember, feiern die drei Mitglieder ihren 20. Geburtstag mit einem Konzert unter dem schönen Titel "No Country for old Men" im Live Club Barmen — und erinnern sich vorab beim Besuch in der Rundschau-Redaktion an die zahlreichen Erlebnisse aus zwei Jahrzehnten Bandgeschichte — mit, ehm, sagen wir mal unterschiedlichem Enthusiasmus ...
Am Anfang war da das Gymnasium am Nocken. Und drei Schüler namens Björn Krüger, Julian Hanebeck und Thorsten Sala, die gerne Musik machten. Noch nicht sofort gemeinsam, aber doch schon mit bewunderndem Blick für den anderen. "Björn hat ja damals das Festival ,Rocken am Nocken' erfunden — und", sagt Julian, Sänger und Bassist des Trios, ganz ernst "ich war damals schon Fan von Björn." Drummer Björn Krüger grinst und grübelt über den ersten Auftritt - war es beim Schülerrock-Festival oder doch irgendwo bei eineStadtfest? Während der Recherche schaut Thorsten Sala etwas unbeteiligt in den Raum. Kein Wunder, stieß der Gitarrist doch erst beim dritten Album zur Band.
Stadtfeste, Schülerrock, Gigs im Textilhaus und Touren durch sämtliche Autonomen Zentren der Region — gleich mit der ersten CD ließen "Uncle Ho" den Status der Schülerband hinter sich. Zwei Jahre tourte man, sammelte Bühnenerfahrung, hatte Spaß. Dann folgte Album Nummer zwei — und der Radius erweiterte sich schlagartig. 1997 spielte Wuppertals Crossover-Band dann als Support der "Smashing Pumpkins" in Spanien. "Wir sind 4.000 Kilometer im Camping-Bus gefahren, um diese eine Show zu spielen", erzählt Julian. "Ja, wir fuhren zwei Tage ohne Pause und kamen gerade noch rechtzeitig zum Soundcheck an", ergänzt Björn.
Das Konzert haben sie wie in Trance gespielt und mit dem letzten Lied der "Pumpkins", die damals auf dem Höhepunkt ihrer Karriere waren, schon wieder die Rückreise angetreten, um direkt aus dem Bus zur Arbeit zu fahren. "Das war für uns völlig klar, dass wir das beides hinkriegen und nicht schwänzen." Und der gemeinsame Auftritt mit einer der Lieblingsbands unter spanischem Himmel gehört sicher zu den liebsten Erinnerungen der Wuppertaler.
Es folgt eine ausgiebige Tour durch Deutschland, Österreich, Schweiz, Frankreich, Spanien, Belgien und die Niederlande. Mit dem traurigen Ergebnis: "Es blieb keine Kohle übrig, das Album verkaufte sich ohne Vertrieb hierzulande nur 10.000 Mal, und Manager und Plattenfirma sagten leise Servus", sagt Björn.
"Dafür", so Julian, "ist damals in Malaysia unser Album als Kassette erschienen". Am Ende ist alles weg: Geld, Management, Plattenfirma. Sorgen haben sich die Hos damals dennoch nie gemacht. "Irgendwie hatten wir immer Vertrauen darin, dass schon alles gut wird."
Und so kam es. Anfang 1999 erhielten "Uncle Ho" einen Anruf aus Amerika von Risk Records: Ihre Platte erscheint in Amerika. Und es begann eine aufregende Zeit in den USA. "Wir drehten ein Video zu ,Bubblehead' in New York"spielten ein Festival in Washington mit den ,Chemical Brothers', 'Run DMC', 'Bush' und 'Limp Bizkit' — und tourten an der Ostküste." Die Jungs, allesamt längst Familienväter, erzählen das ohne jede Allüren. Und überhaupt hat man den Eindruck, da sitzen noch immer die Jungs vom Nocken. Mit kürzeren Haaren hier, einem Bart dort — aber im Herzen noch immer eine Schülerband.
Vielleicht liegt darin das Geheimnis, dass auch das darauf folgende Finanzdesaster dem Trio nichts anhaben konnte. Denn die Plattenfirma ging Pleite und die Band sieht keinen Cent... Nach ihrem Aufenthalt in Amerika bekommt die Band mehrere Major-Label-Angebote in Deutschland. 2000 entscheiden sich "Uncle Ho" für Columbia Records — und es geht weiter. Alles anders, alles gleich. Teures Video, große Festivals, ausverkaufte Konzerte, eine Menge verkaufter Platten und Interviews. In der großen Zeit des Musikfernsehens sind die Hos gern gesehener Gast bei Viva, Viva II und MTV.
2002 wollen die Jungs mit "Everything must be destroyed" das Ende der Band einläuten. Am 31. Dezember 2003 spielen sie ihr — vorerst — letztes Konzert in Wuppertal, bevor sie 2011 wieder zurück auf die Bühne kehren. Gelassener, ohne Ambitionen auf Karriere, sondern aus Spaß. "Im Grunde", sagt Björn Krüger, "sind wir eine Schülerband, die vergessen hat, sich aufzulösen."