Oper Ein zähes Ringen um den Tod

Wuppertal · Bei der Premiere von Helmut Oehrings "AscheMOND oder The Fairy Queen" geht es ziemlich lange um die ganz großen Fragen des Menschseins.

Foto: Wil van Ierse

So kompliziert der Titel klingt, so ambitioniert gibt sich diese Oper. Es geht um Werden und Vergehen im Zyklus der Jahreszeiten, Frau und Mann, Gewalt und Fruchtbarkeit, um Geburt und letztendlich um den Tod. Also um irgendwie alles. Neben Texten von Shakespeare, Heine und Stifter hat Stefanie Wördemann einen Text geschrieben, der mit bombastischen Wortkonstruktionen wie "HellJubelFlug" (in dieser Rechtschreibung, wie man den Übertiteln entnehmen kann — wie muss man eigentlich singen, damit das hörbar wird?) um sich wirft.

Eine konkrete Handlung gibt es allerdings nicht. Immerhin inszeniert mit Immo Karaman ein Nachwuchsstar der Branche, und der zeigt (mit durchaus faszinierenden Bildern) in drei (trotzdem sehr langen) Stunden ein archaisch anmutendes Ritual des modernen Menschen, der mit existenziellen Grundfragen wie der nach dem Tod konfrontiert wird. In einer Art Bahnhofshalle treffen der Typus "Büroarbeiter" und "Sekretärin" dutzendfach in derselben Kleidung aufeinander, rat- und planlos.

Die "Fairy Queen", also die Feenkönigin, ist eine Mischung aus Priesterin und Opfer und wird von Kassandra Wedel gespielt, einer gehörlosen Schauspielerin — das gehört zum Markenkern Oehrings (der als Kind gehörloser Eltern aufwuchs). Kassandra Wedel macht das fraglos nicht schlecht, aber man wird den Gedanken nicht los, dass die Partie bei einer Tänzerin grundsätzlich noch besser aufgehoben sein könnte.

Helmut Oehring hat die Partitur um Musik des englischen Barockkomponisten Henry Purcell herum komponiert, und zwar für zwei Orchester (und zwei Dirigenten). Eines, das erhöht sitzt und unter der Leitung von Michael Cook meistens recht schön Purcell spielt, eines tiefer gelegt unten im Orchestergraben, das mit dem Dirigenten Jonathan Stockhammer nach Kräften bewusst falsch klingende Töne von Oehring einstreut, bis die oben auch schon mal die Fassung oder zumindest die Konzentration verlieren. Die Kombination von Purcell mit sehr modernen Klängen ist nicht ohne Reiz.

Berührt allerdings, und das ist natürlich ein sehr subjektives Urteil, hat mich Oehrings Musik an kaum einer Stelle, wirkt sie auf mich trotz mancher raffinierter Klangmischung beliebig und austauschbar, wenig zwingend. Dabei singt das vom famosen Countertenor Hagen Matzeit angeführte Solistenensemble (Ralitsa Ralinova, Nina Koufochristo, Christian Sturm, Simon Stricker, Hak-Youn Lee) sehr achtbar und klangschön, und auch Chor und Extrachor meistern ihren Part bravourös.

Am Ende Jubel. Wobei nicht jeder, der sich erhob, stehenden Beifall zu zollen gedachte. Mancher wollte einfach nur nach Hause.