Tanzgedichte und Reisebilder Zwei Sprachen, zwei Räder
Wuppertal · Beatrice Libonati hat einmal mehr einen zarten Lyrik-Band veröffentlicht – und Wolf Christian von Wedel Parlow war mit dem Velo unterwegs.
„Zwei Sterne warteten in Fiumicino auf mich“ heißt das neue Buch der ehemaligen Pina-Bausch-Tänzerin Beatrice Libonati. Zu finden sind Gedichte und von der Autorin selbst gemachte Skizzen auf 68 Seiten. Der Band ist bereits der siebte der gebürtigen Italienerin, der deutsche Text steht jeweils unmittelbar zusammen mit dem italienischen.
Leise sind diese kleinen und manchmal sogar winzigen Gedichte, erinnern auf jeden Fall an den ebenfalls leisen Klang der Stimme Beatrice Libonatis.
Sie wirft den Blick auf das Leben, den Tod, das kindliche Fußballspielen, die Liebe, das Autofahren mit dem Vater, den Tanz – und immer wieder auf ihre Mutter, der sie am Ende vieler beschriebener Begebenheit von Herzen dankt.
Immer wieder wird auch von Tanzabenden des Pina-Bausch-Ensembles irgendwo auf der Welt erzählt: Beatrice Libonatis Gedichte sind wie diese kurzen, aber sehr besonderen Tanzschritte. Sie sind schnell vorbei, aber bis sie das wurden, was sie sind, hat es sicher lang gedauert.
Und wenn eines der Gedichte auch von Wuppertal und dem griechischen Restaurant spricht, in dem das Ensemble sich nach mancher Aufführung traf, kommt ein Stück echter Wehmut auf. Das Restaurant gibt es nicht mehr. Den „tosenden Applaus“ aber – den gibt es immer noch.
Erschienen im Nordpark-Verlag für zwölf Euro.
Auf den ersten Blick gar nicht um die weite Welt, sondern „nur“ um ein Stück Weg geht es in Wolf Christian von Wedel Parlows neuem Buch: „Radsattelgeschichten“ heißt es – und lässt den Leser auf 160 Seiten und in zwölf Kapiteln eine ausgedehnte Radreise von Rostock nach Berlin miterleben. Wer den typischen Guide für Fahrrad-Touristen erwartet, wird enttäuscht sein. Obwohl durchaus technische und streckenplanerische Tipps mitgeliefert werden.
Vor allem aber ist „Radsattelgeschichten“ eine Tour durch Deutschlands (Nord-)Osten – inklusive viel alter, neuerer und neuester Geschichte. Wolf Wedel erzählt unter offensiver Zuhilfenahme von Wikipedia von Hunderten von Jahren während Hunderter von Kilometern.
Gebildet ist dieser Text, nachdenklich, die Linien zwischen Vergangenheit und Gegenwart nachzeichnend – sowie auch immer wieder ein Stück Selbstreflexion des Autors, der sich und die bürgerlich-adelige Klasse, der er familiengeschichtlich angehört, kritisch in den Blick nimmt.
Städte, Städtchen und echte „Käffer“ lernt man kennen, verschiedenste, erstaunliche Übernachtungs- und Gastronomie-Adressen (mal mit Erdbeereis, mal mit aufgetautem Hirschbraten), Kunst und Kirchen, Seen und viel Landschaft – sowie natürlich die ganze Bandbreite netter und schräger Menschen.
„Radsattelgeschichten“ ist ein in der für Wolf Wedel ganz typischen, intellektuellen Sprache geschriebener Text, der zeigt: So eine Tour ist alles andere als Pauschalurlaub – und deswegen immer zur Nachahmung empfohlen.
Und wenn der seit langer Zeit in Wuppertal lebende Autor, der zuletzt den eigenwilligen Roman „Cola in Kadugli“ veröffentlicht hatte, von einer Gewitternacht mit fernem Donner und mächtig rauschendem Regen vor dem sicheren Hotelzimmerfenster erzählt, dann sieht man: Wolf Wedel kann auch die gefühlvolle Naturschilderung.
Erschienen im Mitteldeutschen Verlag für 14 Euro.