Abschied Das Gesicht unserer Kultur
Wuppertal · "Ah, ich höre schon, Sie sprechen ein Kulturthema an. Darf ich Sie mit der Kollegin Bartholomä verbinden?" Jahrzehntelang war ich, waren wir nicht ganz undankbar, wenn ein Telefonat auf diese Weise weitergeleitet werden konnte.
Ab morgen laufen diese Gespräche anders. Denn Sabina Bartholomä geht in den Ruhestand. Das wird für alle Beteiligten eine ganz schöne Umstellung sein...
Schließlich ist sie ein "Rundschau-Urgestein". 1981 als erste Redakteurin angestellt, hat sie die journalistische Pionierarbeit des jungen Teams entscheidend mitgeprägt. Und zudem schon nach kurzer Zeit ihre wesentliche Berufung im Kultur-Ressort gefunden. Seit Mitte der 80er Jahre hat die Rundschau eine wöchentliche Kulturseite, die sie seither gestaltet und verantwortet. Mit immensen Erfolg, denn seither gründet sich unser guter Ruf nicht zuletzt auf der abwechslungsreichen kulturellen Berichterstattung. Mit dem unvergessenen Fotografen Jörg Lange hat sie viele Jahre ein kompetentes Team gebildet, dem sich selbst die gerne so sensiblen Kulturschaffenden blind anvertrauen konnten. Theaterintendanten kamen und gingen, Sabina Bartholomä nahm sie alle kritisch unter die Lupe, und gewann (fast) immer ihre Anerkennung, oft hielten die Kontakte auch über das Wuppertaler Engagement hinaus. Ihr Schwerpunkt aber, ihr Herzblut, gilt von Anfang an dem Tanztheater — nicht nur wegen ihres engen Drahtes zu vielen Akteuren oder ihrer persönlichen Freundschaft mit Pina Bausch. Sondern auch wegen des gesellschaftlichen Anspruchs, des ästhetischen Ausdrucks der Vorstellungen und wegen der Multinationalität der Compagnie, die ihrer Sprachbegabung entgegen kommt. Über all die Jahre hat sie darüber hinaus der freien Szene im Rahmen der Möglichkeiten eine Bühne geboten — ein weiterer Kernpunkt der Rundschau-Kultur, der auch in der Zukunft ein große Rolle spielen wird.
Doch als Rundschau-Redakteurin ist sie natürlich auch auf zahllosen anderen lokaljournalistischen Feldern unterwegs gewesen. Soziale und Umweltthemen hat sie stets aus der Perspektive der zu Unterstützenden aufgegriffen. Die Wuppertaler Hilfsinitiativen etwa zu Gunsten osteuropäischer Bedürftiger fanden in ihr immer eine zuverlässiger Ansprechpartnerin und politisch zeigt sie immer ein klare Kante "gegen rechts". Auch der Zoo konnte sich stets auf ihre Aufmerksamkeit verlassen 1995 begleitete sie sogar mit unserem Fotografen Heinz Eschmat die Überführung der ersten Elefantenfamilie aus dem südafrikanischen Krüger Park in das neue Elefantenhaus.
Für unser Top Magazin hat sie unter anderem Fritz Rau und Rudolf Nurejew interviewt, für unser früheres Supplement "Young Life" mit Wolf Maahn und Wolfgang Niedecken, sie porträtierte die Schweizer Clown-Legende Pic und Roncalli-Chef Bernhard Paul, sie begleitete zwei Tanztheater-Tourneen, auf einer besuchte sie unterwegs Prof. Reimar Lüst, den damaligen Präsidenten der europäischen Weltraumbehörde ESA. Eigentlich hatten wir (und sie) gehofft, den gebürtigen Barmer im Brüsseler Büro nach seinen Wuppertaler Wurzeln befragen zu können. Dieser Part des Gesprächs war allerdings schnell vorbei, als er bekundete, schon im Kindergartenalter nach Kassel gezogen zu sein. Doch auch die ersatzweise vorgenommene, liebenswerte Einführung in die Welt der Astrophysik kleidete sie in einen informativen Beitrag...
Mehr Fachwissen konnte sie im Gespräch mit Wuppertals Reitsport-Legende Hans-Günter Winkler einbringen: Pferde waren über viele Jahre eine ihrer Leidenschaften — wie eigentlich alle Tiere, weswegen natürlich auch die Betreuung des beliebten Rundschau-Tiermagazins "Paul" auf sie zulief. Auch in dieser Funktion bleibt uns Sabina Bartholomä glücklicherweise als freie Autorin erhalten.
Am Telefon aber heißt es sofort "Ah, ich höre schon, Sie sprechen ein Kulturthema an. Darf ich Sie mit der Kollegin Bolz verbinden?" Ich darf Ihnen versichern, da ist das Anliegen ebenfalls in besten Händen.