Bürgerticket Zwangsabgabe mit Beschneidung der Bürgerrechte?
Betr.: Bürgerticket
Verglichen wurde das Bürgerticket mit den Solidarsystemen der Krankenversicherung und Rentenversicherung. Die Kranken- und Rentenversicherung sind aber bundesweite Sozialsysteme. Ein Vergleich ist daher nur dann zulässig, wenn das Bürgerticket bundesweit eingeführt würde.
Verglichen wurde das Bürgerticket auch mit dem Studententicket. Dieser Vergleich wäre allenfalls dann zulässig, wenn das Bürgerticket zum Preis von etwa 30 Euro angeboten würde und für ganz NRW gültig wäre. Bei einem solchen Vergleich würde aber noch nicht berücksichtigt, dass das Studententicket für junge Menschen gedacht ist, während das Bürgerticket auch von alten Menschen benutzt werden soll.
Das Bürgerticket hat nur ein Ziel, nämlich die Autofahrer zur Aufgabe des Pkw zu zwingen, da sich nur die wenigsten Wuppertaler zusätzlich zum Auto noch ein (bei Familien mehrere) Bürgerticket(s) leisten können.
In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass der Autofahrer sich über die Mineralölsteuer schon heute an den Kosten des ÖPNV beteiligt.
Sollte der ÖPNV nicht erst attraktiv gemacht werden und erst dann dem Bürger ein Angebot gemacht werden? Hierfür spricht auch, dass erst nach dem Aus- und Umbau sowie Modernisierung des ÖPNV über monatliche Kosten geredet werden kann.
Zurzeit sieht es beim ÖPNV doch schlecht aus:
- unzureichende Verbindungen und Anschlüsse
- nur wenige klimaneutrale Busse
- keine klimatisierten Busse und daher erhöhte Gesundheitsgefahren
- ab einer bestimmten Temperatur fallen Klimaanlagen in Bahnen aus
- eine Schwebebahn, die sich die meiste Zeit in der Werkstatt befindet
- Totalausfall des ÖPNV bei Streik
- im Vergleich zum Auto viel zu weite Wege zu den einzelnen Haltestellen
- bei Schneefall Ausfall des Busverkehrs auf den höher gelegenen Straßen
- Im Vergleich zum Auto kein Anspruch auf einen Sitzplatz
- Im Vergleich zum Auto ein höheres Ansteckungsrisiko
Ein Fazit kann nur lauten, erst den ÖPNV attraktiv machen und obige Missstände zu beseitigen. Erst dann kann dem Bürger ein Angebot gemacht werden.
Über das Angebot sollte dann ein Bürgerentscheid entscheiden.
Ungeachtet der obigen Ausführungen ist sicher manches auch mit einem attraktiven ÖPNV nicht zu machen: Berufstätige, die zu bestimmten Zeiten ihre Kinder zur Kita oder Kindergarten bringen und auch zu bestimmten Zeiten abholen müssen, können dies ohne Auto nicht schaffen. Der Fußweg zum Kindergarten mit dem Kind oder den Kindern und dann zur Bushaltestelle, dann die Fahrt zur Arbeit mit Umsteigen und nochmaligem Fußweg zur Arbeitsstelle dauert erheblich länger als die Fahrt mit dem Auto. Auch ein Wocheneinkauf mit dem ÖPNV dürfte nicht möglich sein, insbesondere nicht für ältere Menschen.
Auch in Notfällen, die einer ärztlichen Versorgung oder Untersuchung bedürfen, dauert eine Fahrt mit dem ÖPNV viel zu lang.
Außerdem beteiligen sich alle Bürger über die EEG-Umlage, die Kfz-Steuer und die CO2-Steuer schon am Klimaschutz. Damit wird zum Klimaschutz von der Solidargemeinschaft schon ein erheblicher Beitrag geleistet.
Darüber hinaus soll der Wuppertaler Bürger pro Person noch monatlich 50 Euro zusätzlich zahlen? Das ist als Zwangsabgabe nicht zumutbar.
Wer es sich finanziell leisten kann, darf freiwillig sicherlich zusätzlich mehr für das Klima tun. Wenn man in den Medien verfolgt, wer die Ziele der Grünen unterstützt, kann den Eindruck gewinnen, dass es sich hier überwiegend um jüngere Menschen handelt oder um Personen, die sich einen zusätzlichen Klimaschutz finanziell leisten können.
Ein Großteil der Bürger ist durch die für alle gültigen Abgaben und Steuern derart belastet, dass für zusätzliche Beiträge zum Klimaschutz keine Mittel zur Verfügung stehen.
Was auch ein wenig verwundert ist, dass den Medien nicht zu entnehmen ist, wer von den Befürwortern eines Bürgertickets seinen Führerschein nach Einführung eines Bürgertickets abgibt. Oder handelt es sich hier um Personen, die sich finanziell einen zusätzlichen Klimaschutz leisten können, ohne das Auto abzugeben?
Klimaschutz sollte europa- oder bundesweit erfolgen. Zusätzlicher Klimaschutz nur auf freiwilliger Basis.
Joachim Gilsbach