Ziel wird völlig verfehlt

Die dritte Streikwoche der städtischen Kitas geht zu Ende. Die dritte Woche, wo ich für mein Kind Notlösungen suchen muss. Ich gehöre zur Gruppe der anscheinend Naiven, die a) sich überhaupt dafür entschieden haben, Kinder zu bekommen und b) sich bei der Wahl der Kindertagesbetreuung für eine städtische Kindertagesstätte entschieden haben.

Dazu kommt, dass ich eine in Vollzeit berufstätige alleinerziehende Akademikerin bin und außerdem noch einen Migrationshintergrund habe. Warum erwähne ich das Letztere? Weil meine Kinder dadurch keine in Deutschland lebenden Großeltern haben, die im Notfall für die Betreuung einspringen könnten.

Wegen meinen täglichen Doppeldiensten im Theaterbetrieb bin ich also gezwungen, auch vormittags eine private Kinderbetreuung zu bezahlen oder mein Kind zur Arbeit mitzunehmen, was auch nur bedingt möglich ist.

Was nützt dieser Streik überhaupt? Die Stadt spart sich die Gehalts- und Betriebskosten. Die Kitas mit den tollen Räumlichkeiten, Spielplätzen und Spielsachen stehen leer und die vielseitig ausgebildeten Kita-LehrerInnen können ihr erlerntes bei den Kindern leider nicht einsetzen.

Und am meisten leiden die Kinder. Hat sich jemand Gedanken gemacht, was es für Kinder bedeutet, sich zwecks "Notbetreuung" jeden Tag an neue Situationen gewöhnen zu müssen? Jeden Tag neue Betreuungspersonen, andere Betreuungsstätte, teils zu große Betreuungsgruppen, ständig neue Gesichter... Eine Situation, die auch Erwachsenen zu schaffen machen würde.

Ich glaube, dass dieser Streik sein Ziel völlig verfehlt. Der Schuss geht nach hinten los. Ich würde keinen Eltern mehr empfehlen, ihr Kind bei einer städtischen Kita anzumelden: Sie können nämlich keine Betreuungsgarantie geben. Die, die über die Gehälter der Kita-ErzieherInnen zu entscheiden haben, würden ihre Kinder bestimmt nicht zu einer städtischen Kita bringen, und sind durch diesen Streik absolut keinem Druck ausgesetzt.

Ich schlage vor, dass für die ErzieherInnen ein allgemeines Streikverbot gelten sollte.

Katrin Natalicio, Schönebecker Straße

(Rundschau Verlagsgesellschaft)