Leser Verzicht rettet die Welt nicht

Betr.: "Essen gegen Treibhausgase?!", Rundschau-Leserbriefe

Die meisten Leserinnen haben wohl gleich den satirischen Sinn verstanden, wenn ich die Nutztiere esse, können sie keine Treibhausgase mehr ausstoßen. Typisches Stilmittel der Satire ist die Übertreibung. Doch ein paar Leserinnen waren der Auffassung, mich mit erhobenem Zeigefinger belehren zu müssen und mich als zu dumm bezeichnen, um die Zusammenhänge zu begreifen.

Der Hinweis von Frau Hartmann, dass die Nachfrage das Angebot fördert, funktioniert so schon lange nicht mehr. Konsumgüter wie Lebensmittel, Kleidung und Elektronik werden heute auf Teufel komm raus am Markt vorbei produziert. Und was nicht an den Kunden gebracht wird, wird vernichtet oder in die Länder der Dritten Welt exportiert, mit den bekannten Folgen. Es ist doch naiv, romantisch und realitätsfern zu glauben, dass mit Verzicht die Welt zu retten sei. Das geht nur über klare politische Vorgaben, Umsetzung und Kontrollen. Das ist aber politisch nicht gewollt. Gibt es doch einmal ein Gesetz zum Umweltschutz, so ist es durch erfolgreiche Lobbyarbeit bis fast zur Wirkungslosigkeit verwässert. Ich erinnere da an die unheilige Allianz Schröder, Merkel, Autoindustrie.

Es gibt zwar immer mehr Menschen, die sich vegan oder vegetarisch ernähren. Mir ist aber nicht bekannt, dass deswegen irgendein Mastbetrieb Insolvenz angemeldet hätte.

Und da sind die jungen Menschen, die von Frau Simon als wunderbare Hoffnungsträger gelobt werden. Diese jungen Menschen, die angeblich ein großes Bewusstsein für die Zukunft von Menschen und Natur haben, befriedigen doch ihre Konsumwünsche nur noch online. Um den Hunger zu stillen, beauftragen sie den Lieferservice.

All das muss über die Straße mit Lkw und Pkw befördert werden. Zurück bleibt ein riesiger Berg an Verpackungsmüll. Gedanken über die Ökobilanz solcher Verhaltensweise machen sie sich darüber nicht. Und nicht zu vergessen, laufen diese Hoffnungsträger doch ständig mit einem Coffee-to-go-Einwegbecher durch die Gegend.

Herrn Hoffmann, der mir empfiehlt, durch Fleischverzicht erheblich zum Erhalt meiner Gesundheit beizutragen, kann ich beruhigen. Als einer, der gerne kocht und Essen mit allen Sinnen genießt, koche ich täglich eine Mahlzeit aus frischen Zutaten, überwiegend mediterran. Aber dazu gehört auch ab und zu ein leckeres Fleischgericht. Auf keinen Fall esse ich die industriell hergestellte Pampe, die irreführend als schmackhaftes Essen bezeichnet wird — aus der Mikrowelle.

Und bevor ich in eine vegane Bratwurst, bestehend aus Sägemehl, Haferflocken, Tapetenkleister und Geschmacksverstärker beiße (Achtung Satire: Zutaten sind frei erfunden), esse ich lieber eine echte Bratwurst von bekannt guten Metzgern aus dem Tal.

Detlef Hinz

(Rundschau Verlagsgesellschaft)