Leserbrief „Wissenschaftlich längst widerlegte Vorurteile“

Betr.: Stadttauben / Leserbrief „Können Krankheiten verbreiten“

 Tauben in der Elberfelder City.

Tauben in der Elberfelder City.

Foto: Christoph Petersen

Ich beschäftige mich seit rund 30 Jahren mit der Stadttaubenproblematik und deren Lösung. Leider sind es genau Kommentare wie der erwähnte Leserbrief, die die Lösung erschweren, weil sie dafür sorgen, dass sich wissenschaftlich längst widerlegte Vorurteile halten.

Tatsache ist, dass von Tauben nicht mehr, sondern eher weniger Gefahren ausgehen als von allen anderen Tieren auch, einschließlich der in Wohnungen gehaltenen „Ziervögel“. In der Tat ist die Gefahr größer, sich über die Erde in einem Blumentopf anzustecken als von einer Taube.

Wie bereits in einem anderen Leserbrief geschrieben, bestätigen das auch das Bundesgesundheitsministerium und das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin. Erst kürzlich kündigte Sachsen-Anhalt an, den Schädlingsstatus dieser Tiere aufzuheben, da er nicht begründet sei. Damit besteht dieser Status mit Ausnahme von Mecklenburg-Vorpommern in keinem Bundesland mehr.

Und 2018 musste der Schädlingsbekämpfer Rentokil seine Behauptungen zur Übertragung von Krankheiten durch Tauben auf den Menschen nach einem Gerichtsurteil von der Webseite nehmen, da sie nicht haltbar waren.

Auf dieser Seite der Erna-Graff-Stiftung findet sich ein Beitrag des auf Vögel spezialisierten Tierarztes Dr. Jens Hübel mit einer ausführlichen Auflistung aller Taubenkrankheiten und ihrer potenziellen Übertragbarkeit. Dort heißt es unter anderem, dass die Wahrscheinlichkeit, sich von einer Taube mit Ornithose anzustecken, so hoch ist wie fünfmal nacheinander den Eurojackpot zu knacken.

Ergänzen möchte ich noch, dass Stadttauben sich das Leben in der Stadt nicht ausgesucht haben. Sie sind in einem Teufelskreis gefangen. Anders als Wildtauben können sie nicht außerhalb der Städte leben, hier finden sie jedoch kein artgerechtes Körnerfutter und sind daher darauf angewiesen, auf der verzweifelten Suche nach Futter insbesondere an Orten mit Gastronomie herumzulaufen.

Auch hat die Futtermenge keinen Einfluss auf die Bruthäufigkeit, denn das ganzjährige Brüten wurde ihnen vom Menschen angezüchtet. Artgerechtes Füttern an festen Orten erhöht also nicht die Vermehrung der Tiere und zieht sie sogar von den Orten ab, wo Mensch sie nicht haben möchte.

Wer wirklich an der Lösung der Problematik interessiert ist – unter der übrigens die Tauben selber am meisten leiden – setzt sich für betreute Taubenschläge mit Eiaustausch und gegen die Taubenzucht als die eigentliche Ursache des Elends ein.

Doreen Rothe
1. Vorsitzende Stadttaubenprojekt Berlin

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