Das Taltontheater ist wieder da Selten so gelacht!
Wuppertal · Darf man sich auf die Schenkel klopfen vor Vergnügen, wenn die Lehrerin der 4b abgesägt werden soll? Bei der ersten Premiere im Taltontheater (TTT) nach der langen Corona-Pause war das nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht.
Die Komödie „Frau Müller muss weg“ von Lutz Hübner und Sarah Nemitz ist stellenweise so realitätsnah und dabei so grotesk, dass Humor die einzige Möglichkeit ist, das Thema angemessen zu erfassen.
Regisseur Benjamin Breutel macht die Figuren noch stereotyper als sie ohnehin schon sind. Dazu passt das sehr reduzierte Bühnenbild. Eine riesige Tafel mit der Aufschrift „Frau Müller muss weg“, ein Pult und Stühle sind alles. Ähnlich minimalistisch sind die Kostüme, die der Regisseur – wie auch das Bühnenbild – selbst entworfen hat. Alle Figuren tragen schwarze Kleidung mit Kreidespuren. Knöpfe oder Muster auf den Oberteilen sind nur aufgemalt, um die Uniformität hervorzuheben. Das Fröhlichste in dieser Tristesse sind die Blümchen auf Frau Müllers Bluse.
Die Handlung spielt im Klassenraum der 4b. Einige Eltern haben sich versammelt, um der Lehrerin Frau Müller (sehr sympathisch: Sigrid Möllmer) ihr Vertrauen zu entziehen. Der Grund: Die Kinder sind schwierig, ihre Noten grottig und irgendwer muss schließlich Schuld sein, wenn der vermeintlich hochbegabte Sprössling nur eine Empfehlung für die Hauptschule bekommen sollte!
Die Pflegschaftsvorsitzende (Angela del Vecchio glänzt als kontrollsüchtige Zicke) hat sich bestens darauf vorbereitet, die Lehrerin an den Pranger zu stellen. Ihr Auftritt wird allerdings dadurch untergraben, dass Wolf Heider (Moritz Stursberg) komplett ausrastet und statt eiskalter Überheblichkeit nun dumm-dreiste Anschuldigungen im Raum stehen. Woraufhin Frau Müller der Kragen platzt und sie den Eltern gehörig die Meinung sagt und dann den Raum verlässt – jedoch ihre Tasche mit dem Lehrerkalender vergisst.
Dass die Eltern da natürlich einen Blick hineinwerfen und erstaunliche Erkenntnisse daraus ziehen, ist vorhersehbar. Dass sie sich untereinander fast zerfleischen, Eheprobleme und Affären aufgedeckt werden, irgendwie auch. Der smarte Patrick (Robin Schmale) wurde von München nach Wuppertal zwangsversetzt; seine ständig weinende Frau (Daniela Stibane) hasst ihn dafür. Katja (Stephanie Spichala) hatte was mit Wolf und Jessica empfindet ihre Tochter als „nicht die hellste Kerze im Leuchter“, mit der sie total überfordert ist. Hier gibt es für das Publikum viel zu lachen und sicher auch einiges wiederzuerkennen.
Der Höhepunkt der Inszenierung ist der Monolog von Frau Müller, eine Art Selbstabrechnung. Sigrid Möllmer holt hier alles aus ihrer Rolle heraus. Das Publikum konnte sich bei der Premiere zum Teil kaum auf den Stühlen halten vor Lachen, als Frau Müller leiernd ihren Aufsatz über sich selbst vorliest und die zunächst geschockten und dann gelangweilten Eltern genau das tun, was auch ihre Kindern im Unterricht tun: kippeln, Nägel feilen, stumm in die Gegend starren.
„Frau Müller muss weg“ im Taltontheater lohnt einen Besuch. Die nächsten Aufführungen: 24. September 2021, 20 Uhr, 26. September 2021, 18 Uhr.
Taltontheater, Wiesenstraße 118. Karten gibt es auf www.taltontheater.de oder unter Telefon 0202 / 24 79 860.