Schwere Hochwasserschäden Zwei Millionen Liter Wasser im Opernhaus
Wuppertal · Die Wupper-Überschwemmung Mitte Juli hat bei den städtischen Gebäuden die Opernhaus-Unterbühne besonders schwer getroffen. Im Kulturausschuss gab es jetzt eine bittere Technik-Bilanz, sorgenvolle Blicke nach vorn – und viele Pläne für Ausweichorte.
Zerstörungen in Höhe von zehn Millionen Euro hat das Wasser vor allem im Orchestergraben des Opernhauses angerichtet – inklusive einem „annähernden Totalschaden der kompletten Bühnentechnik“, sagte Stadtkämmerer Johannes Slawig im Ausschuss: „Das wird uns noch Jahre beschäftigen“, so sein Ausblick.
Zwei Millionen Liter Wasser sind in die Unterbühne geflossen: Diese Zahl nannte Andrea Nickl vom Gebäudemanagement (GMW). Wände, Fußböden, teure Brandschutztüren wurden zerstört. Und ein aktuelles Hauptproblem: „Es gibt keine Bautrockner. Nicht zu kaufen, nicht zu leihen. Der Markt ist leergefegt“, so die GMW-Produktmanagerin.
Bis Oktober, November wird es dauern, das Haus provisorisch wieder so herzurichten, dass (auf der Vorbühne) zumindest Stücke gespielt werden können, die wenig Technik brauchen. 250.000 Euro Sofortgeld hat die Stadt dafür bereitgestellt. Der große Plan zur Sanierung umfasst ganz andere Dimensionen: Bis Mitte 2023 muss die Wuppertaler Kultur warten, bis das Opernhaus sich (technisch) wieder in alter Frische präsentieren kann. Bis dahin sind komplizierte bühnentechnische Aktionen, wie sie bei zahlreichen Opern, Tanztheaterstücken, aber auch manchen Schauspielaufführungen nötig sind, nicht möglich.
Das Problem beim Sanierungszeitplan des GMW ist, so Kämmerer Slawig, noch nicht einmal das Geld, bei dem Wuppertal erwartet, dass es von Land und Bund im Rahmen des Hochwasser-Wiederaufbaufonds erstattet werden wird. Nein – die Zeitplangefahr lauert anderswo. Johannes Slawig gab im Kulturausschuss klare Worte zu Protokoll: „Wenn Sie mich heute fragen, würde ich sagen, das klappt nicht. Heute herrscht ein überhitzter Markt mit bis zu 40-prozentigen Bau-Preissteigerungen, extremem Materialmangel und der ständigen Frage im Hintergrund, ob sich für einen städtischen Auftrag überhaupt ein Bieter findet. Und wenn ja, welche Preise dieser Bieter verlangt.“
Die Folgen für die Wuppertaler Bühnen und das Tanztheater sind gravierend: Die Oper muss ihr komplettes Jahresprogramm umwerfen – will aber, so Intendant Berthold Schneider, die Zahl ihrer Premieren halten. Beispielsweise durch Ausweichen an andere Orte bis hin nach Leverkusen (mit Shuttlebus-Service) oder dem Umbau auf konzertante Aufführungen. So startet die aktuelle Spielzeit am Sonntag, 3. Oktober, mit einer Konzert-Installation der Oper „Julius Caesar“ von Händel in den Werkstätten der Wuppertaler Bühnen auf dem Riedel-Gelände an der Uellendahler Straße 353.
Opernintendant Berthold Schneider im Kulturausschuss zur aktuellen Sitation: „So einen Eiertanz habe ich noch nie erlebt, aber wir werden ein schönes Programm präsentieren. Dazu brauchen wir aber unbedingt Planungssicherheit.“
Das Schauspiel hofft auf eine Premiere von „Dantons Tod“ auf der Opernhaus-Vorbühne im Oktober, muss den „Faust“ ins Theater am Engelsgarten verlegen und deswegen zu einer Faust-Performance transformieren, kann „Romeo und Julia“ nicht wiederaufnehmen – und wird beispielsweise auch das Barmer Haus der Jugend oder die „börse“ als Ausweichorte nutzen.
Ausweichen muss auch das Tanztheater – beispielsweise ebenfalls nach Leverkusen, wohin dann Shuttle-Busse fahren werden. Die Wiederaufführung von „Palermo, Palermo“ muss verschoben werden, die Premiere von Rainer Behrs „Schlafende Frau“ ist, so die Pläne, technisch erst im Januar 2022 möglich, da für sie eine funktionierende Unterbühne nötig ist.
Eine gute Nachricht aus dem Orchestergraben hatte Bühnen-Geschäftsführer Daniel Sieckhaus mitgebracht: Sechs dort vom Wasser „erwischte“ Kontrabässe hätten im Rahmen der Versicherungssumme wieder repariert werden können.
Das Hochwasser hat übrigens auch das Kolkmannhaus an der Hofaue mit Bergischer Musikschule und mehreren Galerien beziehungsweise Studios schwer erwischt: Hier bezifferte Andrea Nickl vom GMW den Schaden auf 900.000 Euro. Kulturdezernent Matthias Nocke erinnerte dabei auch an die Situation des Restaurants „Atelier“ im Kolkmannhaus: „Die Folgen für den Gastronomen sind verheerend“, so Nocke.
Im Vergleich sind das Engelshaus mit 15.000 Euro Schaden, das Schauspielhaus mit 10.000 sowie das Von der Heydt-Museum mit 8.000 Euro – und ganz viel Glück, dass das wertvolle Depot verschont blieb – nur mit kleinen Schrammen davongekommen.
Für das „Netzwerk Freie Kultur“ berichtete Tine Lowisch, dass es aus der freien Szene angesichts der Rückmeldungen nach einem Aufruf keine Informationen über Hochwasserschäden gegeben habe.