TiC präsentiert die Komödie „Extrawurst“ Zu viel moralischer Zeigefinger
Wuppertal · Streit bei der Mitgliederversammlung im Tennisclub. Darum geht es in der Komödie „Extrawurst“ von Dietmar Jacobs und Moritz Netenjakob, die jetzt im Theater in Cronenberg (TiC) Premiere feierte. Regie führte Martin Petschan.
Eigentlich ist alles wie immer bei der jährlichen Versammlung eines Tennisclubs irgendwo in der westdeutschen Provinz. Die Vorsitzende Ursula (im Original ein Vorsitzender namens Heribert, hier gespielt von Monika Owart) bestimmt das Vereinsleben. Alle Tagesordnungspunkte wurden schon undemokratisch abgehakt, als der zweite Vorsitzende Matthias (Sebastian Freund) noch die Anschaffung eines neuen Grills beschließen lassen will. Was reine Formsache sein könnte, wenn nicht Melanie (Christina de Bruyckere-Monti) für ihren türkischen Doppelpartner Erol (Fabian Steinberg), das einzige muslimische Mitglied, einen Extragrill für nötig hielte.
Dieses Ansinnen wird von ihrem eifersüchtigen, aber nach eigener Einschätzung „total toleranten“ Ehemann Torsten (Philip Zangerl) halbherzig unterstützt. Es entbrennt ein Streit über den (Un-)Sinn religiöser Vorschriften und die Berücksichtigung von vermeintlichen Minderheiten. Ohne spoilern zu wollen, sei vorweggenommen, dass sich mehrere Lager bilden und es zu Austritten aus dem Verein kommt.
„Extrawurst“ ist zurecht eine der meistgespielten Komödien in Deutschland. Das liegt zum einen an der satirischen Kritik von völlig überzogener Vereinsmeierei mit ihren Doktrinen, wie gleicher Kleidung für alle (Kostüme: Maya Fichtel). Zum anderen belustigt und schockiert die eskalierende Diskussion über das vordergründig banale Thema Grill. Doch es geht um mehr. Es geht um Integration, Diversität, religiöse Unterschiede und Gutmenschentum. Das ist absichtlich sehr dick aufgetragen und deshalb gibt es durchaus einiges zu lachen. Allein schon das ständige Bemühen von Ursula, alle Diskussionen im Keim zu ersticken und stattdessen das im Hintergrund wartende Büfett zu eröffnen (Bühnenbild: Jan Bauerdick und Frank Fischer), erntet Lacher.
Um zu zeigen, wie kleine Verhaltensänderungen Dinge verbessern oder verschlimmern, lässt Regisseur Martin Petschan Sequenzen doppelt spielen. Dabei dreht er akustisch und optisch die letzten Minuten zurück – und die werden mit veränderter Stimmung neu gespielt. Beim ersten Mal wirkt das noch innovativ, bei den folgenden Malen stört es den Handlungsfluss.
Leider packt die Inszenierung nicht so richtig. Die Figuren sind zu eindimensional und wirken unsympathisch. Deswegen kann man die Handlung nur bedingt auf die eigene Realität übertragen. Der stark erhobene moralische Zeigefinger am Schluss verstärkt diesen Effekt noch.
Trotzdem lohnt sich ein Besuch von „Extrawurst“ – wegen des sehr aktuellen Themas und des spielfreudigen Ensembles.