Deutschlandfunk-Podcast „Tatort Kunst“: Fragen zu Wuppertaler Feininger-Bild

Wuppertal · Dem Wuppertaler Von der Heydt-Museum liegen mindestens zwei Anfragen zu Gemälden vor, die ihren Besitzern in der NS-Zeit abhandengekommen sind. Darüber berichtet jetzt der neue Podcast „Tatort Kunst“ des Deutschlandfunks – in der Folge „Zwei Kisten in Prag“.

Das Gemälde „Die Marktkirche in Halle“ von Lyonel Feininger.

Foto: Von der Heydt-Museum

Museen in öffentlicher Trägerschaft haben sich vor 25 Jahren in der Washingtoner Erklärung dazu verpflichtet, in solchen Fällen ihre Archive zu öffnen und nach „gerechten und fairen Lösungen“ zu suchen. Nach den Recherchen des Senders bitten die Erben des Unternehmers Hans Dittmayer das Museum bereits seit 2000 um Gespräche über das Gemälde „Die Marktkirche in Halle“ von Lyonel Feininger.

Hans Dittmayer war mit einer Jüdin verheiratet, flüchtete aus Dresden nach Tschechien und kam dort nach Kriegsende in Haft ums Leben. Das wertvolle Feininger-Gemälde, das er zuvor auf einem Gut in Böhmen in Sicherheit gebracht hatte, verschwand, wechselte mehrfach den Besitzer und wurde schließlich 1986 von der damaligen Museumsdirektorin Sabine Fehlemann bei einer Kunsthändlerin in London für Wuppertal angekauft.

Roland Mönig, Direktor des Von der Heydt-Museums, war Gesprächspartner des Deutschlandfunk-Podcasts „Tatort Kunst“.

Foto: Wuppertaler Rundschau/Max Höllwarth

Gespräche mit der Familie Dittmayer lehnte Fehlemann mehrfach ab. So schrieb sie 2001 – wie der „Tatort Kunst“-Podcast berichtet – unter anderem: „Ich weiß nicht, warum Sie immer wieder einen Sachverhalt von mir bestätigt haben wollen, den ich nicht bestätigen kann. Ganz abgesehen von der Frage, ob überhaupt ein Rechtsanspruch der Familie Dittmayer besteht. Wir schließen aus, dass das von Ihnen genannte Bild mit unserem identisch ist.“

Ihr Nach-Nachfolger Roland Mönig bestreitet das heute nicht mehr. Er traf sich im Sommer 2021 mit der Enkelin von Hans Dittmayer und spricht von einem „schlimmen Schicksal der Familie“. Die Familie selbst bezeichnet das Gespräch als „gut und vertrauensvoll“.

Zu einer Einigung ist es aber auch zwei Jahre später noch nicht gekommen. Im Deutschlandfunk-Podcast sagte Mönig: „Nach dem Krieg, in der unmittelbaren Folge, entzieht eine andere, nicht die deutsche Regierung, diese Sammlung, schädigt die Familie nochmals. Also sowohl menschlich wie auch materiell. Und dadurch kommt der Familienvater ums Leben. Und die Sammlung geht verloren. Das ist absolut schrecklich.“

Trotzdem gebe es Umstände, die daran zweifeln lassen könnten, ob in diesem Fall die Washingtoner Erklärung zur NS-Raubkunst von 1998 tatsächlich greife. Roland Mönig im „Tatort Kunst“-Podcast: „Aus meiner Sicht vor allem die Tatsache, dass das Bild nicht unter direkter Einwirkung des deutschen Staates und nicht im damaligen Deutschen Reich abhandengekommen ist und nicht während der Nazidiktatur, sondern danach. Als eine öffentliche Einrichtung, ein Museum einer Stadt in Deutschland, als Kommunales Museum und mit Blick auf die Washingtoner Erklärung, muss man natürlich die Frage stellen: Wer ist da zur Rechenschaft zu ziehen? Ist es an einer deutschen öffentlichen Einrichtung, ein durch einen fremden Staat begangenes Unrecht zu heilen? Ich stelle erst mal die Frage.“

Professor Gilbert Lupfer beantwortete gegenüber dem Deutschlandfunk diese Frage. Als Vorstand des von Bund und Ländern gegründeten Deutschen Zentrums Kulturgutverluste in Magdeburg ist er einer der besten Kenner der NS-Raubkunstthematik. Professor Lupfer im Podcast: „Ohne den Nazistaat hätte Dittmayer ja seine Sammlung in Dresden in seinen beiden Villen belassen. Er hätte seine Kunstsammlung schlichtweg nicht verlagert. Für mich ist das ein Fall, bei dem man einfach drüber reden und schauen muss, dass man zu einer Lösung kommt, die für alle tragbar ist.“

Nach dieser Lösung will das Von der Heydt-Museum nun, fast ein Vierteljahrhundert nach der ersten Anfrage, endlich suchen. Von einer Rückgabe ist dabei noch nicht die Rede. An die Erben von Hans Dittmayer schrieb Roland Mönig: „Wir beabsichtigen, das Schicksal der Familie Dittmayer, das unauflöslich mit der Geschichte von Lyonel Feiningers Bild der Hallenser Marktkirche verflochten ist, in wertschätzender Form in die Öffentlichkeit zu tragen. Ich würde mich sehr freuen, wenn die Familie Dittmayer aufgeschlossen dafür wäre, zu diesem Vorhaben mit uns in Austausch zu treten.“

Das zweite Bild in Wuppertaler Besitz, über das „Tatort Kunst“ berichtet, sind die „Paradiesvögel“ des deutschen Impressionisten Max Slevogt. Neue Recherchen zum so genannten „Schwabinger Kunstfund“ von 2012 haben ergeben, dass der auch für die Nazis tätige Kunsthändler Hildebrand Gurlitt das Gemälde in Berlin 1937 erworben hatte.

Dort wurde damals ein Teil der Kunstsammlung versteigert, den die Gestapo bei dem Kulturwissenschaftler und marxistischen Publizisten Eduard Fuchs beschlagnahmt hatte. Das Bild blieb lange verschwunden, bis es Sabine Fehlemann kurz vor Ende ihrer Amtszeit im März 2006 beim Kölner Auktionshaus Lempertz für Wuppertal erwarb.

Auch hier haben die Erben des ursprünglichen Besitzers Kontakt zum Von der Heydt-Museum aufgenommen. In dessen Stellungnahme dazu heißt es: „Das Von der Heydt-Museum wird das Gemälde im Sinne der Washingtoner Prinzipien und der Gemeinsamen Erklärung behandeln und hat den Austausch mit den Vertretern der Erben nach Eduard Fuchs begonnen, um eine ‚gerechte und faire Lösung’ zu finden.“