"Rock meets Classic": Interview mit Professor Lutz-Werner Hesse "Ich mag die jazzigen Doors-Songs"
Wuppertal · Nach den umjubelten Auftritten mit Procol Harum und Jethro Tull geht "Rock meets Classic" in diesem Jahr in die dritte Runde. Diesmal mit den legendären Hits der Doors, wobei die Band vom Orchester der Wuppertaler Musikhochschule begleitet wird.
Rundschau-Redaktionsleiter Hendrik Walder fragte deren Direktor Professor Lutz-Werner Hesse, ob es ihn viel Überwindung gekostet hätte, dieses ungewöhnliche Projekt zu unterstützen.
Rundschau: Das ist jetzt nicht die Art von Musik, die ansonsten bei Ihnen auf dem Lehrplan steht.
Hesse: Nein, aber es ist dennoch nützlich und sinnvoll. Deswegen stand ich von Anfang an hinter diesem Projekt.
Rundschau: Was versprechen Sie sich denn davon?
Hesse: Unsere angehenden Berufsmusiker werden sich breiter aufstellen müssen, das ist auch gut so. Die Symphonieorchestermusiker unserer Tage müssen sich als Teil der Stadtgesellschaft auch jenen öffnen, denen Konzertprogramme mit Bruckner oder Haydn nichts sagen. Diese Überlegung setzt beispielsweise unser Wuppertaler Orchester mit den Rock-Konzerten, den Open-Air-Auftritten oder den Stummfilmbegleitungen schon hervorragend um. Streng genommen ist die Öffnung für solche Crossover-Projekte sogar eine Art Lebensversicherung für die Orchester.
Rundschau: Welches Verhältnis haben Sie denn persönlich zu den Rock-Klassikern, die hier zum Zuge kommen?
Hesse: Ich habe in den späten 60er und den 70er Jahren neben der Klassik diese Art der Musik durchaus wahrgenommen und geschätzt.
Rundschau: Waren die Doors damals auch dabei?
Hesse: Allerdings, vor allem die Stücke mit etwas jazzigem Charakter. Noch mehr aber war ich ein großer Fan der Beatles, fand auch Deep Purple klasse, deren Concerto für Group and Orchestra höre ich noch heute gelegentlich.
Rundschau: Aber dennoch stehen solche Sachen nicht auf dem Lehrplan eine Musikhochschule.
Hesse: Es gibt einige ähnlich geartete Ausbildungsgänge. Doch viele Rockmusiker sind gar nicht so glücklich damit. Schließlich lebt ihre Musik stark von Spontaneität und Originalität und nicht so sehr von akademischer Qualität.
Rundschau: Wie viel Vorlauf braucht solch ein Konzert wie das mit den "Doors of Perception"?
Hesse: Auf unsere Studenten kommen insgesamt 25 bis 30 Titel zu, das ist eine Menge Holz. Deswegen wird das Programm nach den Sommerferien ein bis zwei Wochen lang einstudiert, so dass der musikalische Leiter Brent Havens auf ein gut vorbereitetes Orchester treffen wird.
Rundschau: Mit großer Besetzung?
Hesse: Durchaus, wir haben 50 Streicher und Blech- und Holzbläser, hinzukommen in diesem Fall zwei oder sogar drei Schlagzeuger. Es ist schließlich ein Rockkonzert ...
Nach etlichen Jahren hat Lutz-Werner Hesse wieder eine CD mit eigenen Kompositionen veröffentlicht. Pünktlich zu seinem 60. Geburtstag am 30. April dieses Jahres erschien unter dem Label musicaphon die Superaudio-CD "Porträt". Alle sechs Titel wurden im Großen Saal der Stadthalle mit einem Kunstkopfmikrofon in 3D-Technik aufgenommen — zwei von ihnen als Live-Mitschnitte bei einem Konzert: Die Toccata visionara für Orgel sowie das Symphonische Gedicht für Chor und großes Orchester sorgen dabei für ein besonders eindringliches Klangerlebnis — auch dank des kompositorischen Aufbaus und effektvoller Rhythmen. Hesse beweist in diesen "jungen" Werken aus den Jahren 2006 bis 2015 große Variabilität und Geschick im Umgang mit völlig unterschiedlichen Besetzungen. Zeitgenössische Musik mit emotionaler Ausstrahlung — aber nicht verkopft.