Don Quijote Ein theatralisches Roadmovie
Wuppertal · Robert Sturm inszeniert Cervantes' "Don Quijote" in den Riedel-Hallen, setzt auf minimalistisches Bühnenbild und vertraut dem Können seiner Darsteller, der Musik und der Bewegung.
Don Quijote glaubt an sich und seine Fantasie, geht unbeirrt seinen Weg, auch wenn er dafür Spott und Prügel erntet. Er will als selbst ernannter Ritter eine Welt retten, die nicht auf die Rettung gewartet hat. Mit "Don Quijote de la Mancha" gelang dem Autor Miguel de Cervantes vor rund 400 Jahren sein erster Erfolg, noch heute sind Roman und Theaterstück zeitlos aktuell, denn es geht um die Diskrepanz zwischen Ideal und Wirklichkeit, um gesellschaftliche Strukturen, die Macht von Adel und Klerus.
Regisseur Robert Sturm bringt diese Geschichte als spartenübergreifenden Theaterabend auf die Bühne, setzt auf einen archaischen Ritter voller Dynamik, für den er mit Marco Wohlwend keinen besseren Darsteller hätte finden können. Wie schon bei "Romeo und Julia" inszeniert Sturm aus der Distanz, mit dem Blick fürs Ganze, baut faszinierende Bilder — auch mit der Unterstützung von Videoeinspielungen. Das lässt Vergleiche mit der großen Dame des französischen Theaters, Ariane Mnouchkine, zu, macht es dem Zuschauer jedoch nicht immer leicht. Denn Sturm zeichnet seine Charaktere nur rudimentär, lässt keine Identifikation mit den Figuren zu. Man ist gefesselt von den Bildern, Mitleid mit dem geschundenen Ritter stellt sich nicht ein.
Wohlwend glänzt mit einer unglaublichen Präsenz, scheint das Tempo der Inszenierung, die Textmenge und den körperlichen Einsatz fast mühelos wegzustecken. So reitet er auf seiner stählernen Rosinante zu seinen Abenteuern, dreht sich schwindelerregend im Kreis, hängt kopfüber unter dem Stahlross, fällt in Zeitlupe eine Treppe herunter und hängt am Flaschenzug unter der Decke der Industriehalle (Bewegungstraining: Jean-Laurent Sasportes). An seiner Seite reitet mit Thomas Gimbel ein schlitzohriger Sancho Pansa, der für so manchen Lacher sorgt. Mit Ingeborg Wolff, Jörg Reimers, Jonas Eckert, Anne-Catherine Studer und Bernhard Glose hat Sturm erfahrene Darsteller gefunden, die problemlos die Rollen wechseln, mit Wohlwend und Gimbel gleichberechtigt auf der Bühne stehen, ein echtes Ensemble bilden.
Und Sturm setzt auf die Musik, die neben Text und Bewegung die dritte Säule dieses Abends ist. Mal ist sie leise untermalend, dann kommentierend oder aber bedrohlich, wenn das Schönberg-Ensemble mit seinen Streichern disharmonisch den Ritter in die Enge treibt.
Und es sind die Bilder (Ausstattung und Kostüme: Aniko Elias und Robert Sturm), die im Gedächtnis bleiben. Ein Stahlgestell, eine rostige Blechwanne mit Wasser, Pferd und Esel aus Stahlrohren geschmiedet, wechselnde Lichtverhältnisse, die den Eindruck der Mancha entstehen lassen. Wenn der Ritter gegen die Windmühlen kämpft, sind es Hände und Arme von Uwe Fischer-Rosier, die einen Gong bearbeiten, auf Video riesig wie Flügel einer Windmühle erscheinen.
Am Ende beschließt der Ritter, verrückt zu werden, nimmt sein Ross an den Strick, macht sich auf die Suche nach Nahrung. So findet er zur Normalität zurück: Zu spät, denn Klerus und Gesellschaft haben ihn längst als Gefahr eingestuft.
Ein zu Recht begeistertes Premierenpublikum dankte den Darstellern sowie den Machern für diesen ungewöhnlichen Theaterabend.
Weitere Aufführungen gibt es am 17., 25., 26. und 30. Mai sowie am 3., 4., 5. Juni, jeweils um 19.30 Uhr.