Vorgestellt: Oliver Picker, Mitglied des Wuppertaler Opernchors "Arbeitsintensive Sommerfrische"
Wuppertal · Die Theaterferien stehen vor der Tür — auch für Oliver Picker, der seit 2004 fest engagiert im Opernchor mit Soloverpflichtung singt. Doch eine gesangliche Pause wird es für ihn nicht geben.
Den Wuppertaler Opernfans dürfte Oliver Picker noch bestens als Saretzki in der Oper "Eugen Onegin" ein Begriff sein. Jetzt zieht es ihn wieder nach Bayreuth, wo er seit 20 Jahren regelmäßig im Chor der Wagner-Festspiele zu hören ist.
"Das begann schon während meines Studiums, als meine Lehrerin meinte, dass ich während des Sommers nicht aussetzen, sondern mich in Bayreuth für den Chor bewerben sollte. Mit einer einstudierten Wagner-Arie im Gepäck machte ich mich auf die Reise, ging den Termin in Jeans und Turnschuhen locker an. Dort sah ich mich nur mit Anzugträgern als Mitbewerber konfrontiert. Drei Minuten habe ich vorgesungen, dann war ich wieder draußen und dachte, dass ich mir die Fahrt hätte sparen können. Um so glücklicher war ich, als ich fünf Tage später meinen Vertrag im Briefkasten fand", erinnert sich der Sänger an den Beginn. Von nun an gehörte er zum Kreis der Wagner-Interpreten. Und wer in Bayreuth dabei ist, der wird überall, wo man Wagner singt, gerne genommen. Auch ohne Vorsingen ...
130 Mitglieder zählt der Chor in Bayreuth, in Wuppertal sind es gerade einmal 25 Sängerinnen und Sänger. "Bei den Festspielen sind wir allein 18 zweite Bässe. Erstaunlicherweise braucht es so viele Stimmen vor allem, um in dem großen Festspielhaus auch leise singen zu können. Dazu kommt die einzigartige Akustik des Festspielhauses, das ja von Wagner selbst entworfen wurde. Hier sitzt das Orchester nicht im Graben vor der Bühne, sondern darunter. Wir müssen nicht darüber hinweg singen, die Musik kommt von hinten, wir Sänger werden quasi von der Musik getragen. Der Chor hat hier einen hohen Stellenwert, wird oft in der Kritik wie die Solisten bewertet", schwärmt Picker, für den in diesem Jahr "Götterdämmerung", "Parsifal", "Der fliegende Holländer" sowie "Tristan und Isolde" auf dem Bayreuth-Plan stehen.
Für den Sänger aus Wuppertal liegt der Reiz der Festspiele auch in der Chance, dort mit den Großen der Szene zu arbeiten. "Mit Regisseuren wie Christoph Schlingensief oder Jürgen Flimm, den Dirigenten Daniel Barenboim, Christian Thielemann und Pierre Boulez habe ich nur in Bayreuth gearbeitet. Und wann hat man als Chorsänger schon einmal die Chance, Sängerkollegen wie Placido Domingo oder Waltraud Meier kennen zu lernen? Man lernt andere Techniken kennen, kommt mit sehr viel Input wieder zurück, was auch der Wuppertaler Oper gut tut. Zudem schadet der Einsatz der Stimme nicht. Wir werden in Bayreuth immer dazu angehalten, nicht bis an die Grenzen des Machbaren zu gehen. Außerdem kenne ich die Wagner-Stücke sehr gut", ist Oliver Picker in Gedanken schon ein wenig in Bayreuth, wo er mittlerweile viele Freunde gefunden hat, die er auch außerhalb der Festspielzeit besucht.
Für seinen Einsatz bei den Festspielen nimmt er in Wuppertal unbezahlten Urlaub, wenn es eben der Spielplan erlaubt. Bevor er nach Wuppertal kam, war der Wagner- und Rockmusik-Fan freiberuflich viel unterwegs, hat unter anderem das Opernhaus Zürich, die Staatsoper unter den Linden und die Opera Capetown kennen gelernt.
"Dann bekam ich das Angebot, fest an die Wuppertaler Oper zu gehen. Hier kannte ich schon einige Kollegen, mochte die Stadt und die Arbeitsatmosphäre, hier fühle ich mich wohl. Wir haben hier auch eine Popband gegründet, mit Annika Boos und Michael Hablitzel vom Sinfonieorchester", verrät der Sänger eines seiner Hobbys, dem er auch in Bayreuth frönt. "Mit der Bayreuther Coverband haben wir es sogar schon in die Schlagzeilen geschafft. Bei einem Mitarbeiterfest im Festspielhaus rückte die Polizei an, da wir den Nachbarn zu laut waren."
In Wuppertal freut er sich auf die kommende Spielzeit, auf die neuen Strukturen, wenn wieder ein festes Ensemble am Haus arbeitet. "Es ist ein schönes Gefühl, auf die Probe zu kommen und die Menschen zu kennen. Jetzt muss man sich immer wieder an neue Gesichter gewöhnen. Auch den Spielplan des neuen Intendanten Berthold Schneider finde ich spannend".
Dass Wagner nicht darin vorkommt, bedauert Picker nicht: "Ich denke, es ist klug, dass ein Haus in der Größe Wuppertals machbare Stücke spielt, die die Stärken des Hauses herausstellen, statt große Oper am Limit zu machen. Die Kapazitäten sind mit einem 25-köpfigen Opernchor plus Extrachor nun einmal begrenzt", so der Sänger, der sich in Wuppertal gut aufgehoben fühlt.