Kommentar zu einer möglichen Forensik in Wuppertal Die Wochen der Entscheidung
Wuppertal · Vor über 1.000 Tagen gab das Gesundheitsministerium NRW bekannt, dass man fünf neue Maßregelvollzugsanstalten für psychisch kranke oder drogenabhängige Straftäter benötige. Eine dieser Einrichtungen solle im Landgerichtsbezirk Wuppertal entstehen, weil hier zu wenig Behandlungsplätze für zu erwartende Patienten existieren.
Seitdem weiß man in den Wohngebieten rund um Lichtscheid, dass das Ministerium die Ansiedlung auf dem dort gelegenen Gelände der Bereitschaftspolizei präferiert, weil sie planungsrechtlich am leichtesten durchzusetzen ist. Und hat eine Initiative gegründet, die vom ersten Tag an zeigt, wie man im politischen Raum agieren muss, um ernst genommen zu werden.
Erstens: Nicht erst aktiv werden, wenn Entscheidungen gefallen sind. Zweitens: Polemische Aussagen auf ein Mindestmaß reduzieren. Drittens: Immer am Ball bleiben. Auch als die Wülfrather Diakonie als Alternativstandort "durch" zu sein schien, blieb man auf der Hut. Viertens: Mit Fleiß und Fakten punkten: Mit eigener Webseite, Unterschriftensammlungen, Veranstaltungen und Eingaben ist die Initiative pausenlos im Einsatz. Und spielt auch geschickt auf der Klaviatur der Öffentlichkeitsarbeit. Bis hin zur Gebrauchsanweisung für das Verfassen von Leserbriefen ...
Dabei weiß sie vor Ort sogar die große Mehrheit der Bundes-, Landes- und Kommunalpolitiker auf ihrer Seite, die an dieser Stelle lieber eine Fortsetzung der hochwertigen Wohnbebauung realisiert sähe. Peter Jung versicherte auf seinem Nominierungsparteitag sogar, mit ihm werde es eine Forensik in Wuppertal nicht geben. Da nimmt es nicht wunder, dass die Bürgerinitiative zwei Wochen vor der Oberbürgermeister-Wahl noch einmal zu einem (nicht unpolitischen) Sommerfest einlädt, bei dem Jung und seine Herausforderer Andreas Mucke (SPD) Ansprachen halten werden. Und wo noch mal richtig Druck aufgebaut wird.
Allein: Die Frage, wo die Forensik hinkommt, entscheidet letztlich die Grüne Gesundheitsministerin Barbara Steffens, sicherlich auch der Landesbeauftragte für den Maßregelvollzug Uwe Dönisch-Seidel. Der hat nach der Aprather Pleite schon im April angekündigt, nach den Sommerferien die Standortfrage beantworten zu wollen. Das ist einerseits zu begrüßen, denn nach der bald dreijährigen Hängepartie sind viele der potenziell Unterzubringenden immer noch ohne Erfolg versprechende Behandlung. Andererseits könnte eine ernsthafte alternative Lösung mit einer größeren öffentlichen Akzeptanz gerne noch einige Monate dauern.
Dass man in Düsseldorf bislang fast durchgängig geschwiegen hat, ist ebenso schwer zu ertragen wie aus der Sicht möglicher Verhandlungen verständlich. Aber wehe, man wartet nur noch schnell die Wahlen ab, um danach den ungeliebten Lichtscheid-Entscheid zu präsentieren ...