Gesundheit Chance auf ein Leben ohne Beatmungsgerät

Wuppertal / Krefeld · Zweiter Standort eröffnet: „Lebensluft“ gibt langzeitbeatmungspflichtigen Patienten auch in Wuppertal eine neue Perspektive.

Von links: Matthias Mohrmann (Mitglied des AOK-Vorstandes), Dr. Manuel Streuter (Chefarzt und medizinischer Initiator des Projekts „Lebensluft“), Prof. Dr. med. Kurt Rasche (Direktor der Klinik für Pneumologie, Allergologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin) und Dr. Holger Raphael (Geschäftsführer Helios Universitätsklinikum Wuppertal).

Foto: Helios Universitätsklinikum Wuppertal/Michael Mutzberg

Bundesweit treten jährlich etwa 350.000 Krankenhausfälle mit künstlicher Beatmung auf. Häufig müssen Patienten nach einem langen Aufenthalt auf der Intensivstation und einer spezialisierten Beatmungsentwöhnungseinheit (Weaning-Unit) noch beatmungspflichtig in die außerklinische Versorgung entlassen werden – aktuell sind es in Deutschland laut Hochrechnungen 16.000 bis 27.000, Tendenz steigend. Um diesen Patienten die Chance auf ein beatmungsunabhängiges Leben zu geben, haben das Helios Klinikum Krefeld und die AOK Rheinland/Hamburg im Jahr 2016 das Modellprojekt „Lebensluft“ gestartet. Es ermöglicht eine stationär verlängerte und intensivierte Therapie im Krankenhaus über die Leistungen der Regelversorgung hinaus. Jetzt wird „Lebensluft“ auch am Standort Wuppertal angeboten und verbessert damit die Versorgung im Bergischen Land.

In der Verlängerung der Behandlung soll es den auf der Station „Lebensluft“ behandelten Patienten gelingen, sich von den Beatmungsgeräten zu lösen und das eigenständige Atmen wieder zu erlernen. Neben einer hochspezialisierten medizinischen Versorgung wird besonderer Wert auf ein umfassendes Pflege- und Therapiekonzept gelegt. „In Krefeld können 55 bis 60 Prozent der Patienten nach der Behandlung auf ‚Lebensluft‘ wieder eigenständig atmen. Das ist eine Erfolgsgeschichte, an die wir nun anknüpfen werden“, erklärt Dr. Holger Raphael, Klinikgeschäftsführer in Wuppertal. Vier von sieben Patienten, die sonst wahrscheinlich ihr Leben lang auf künstliche Beatmung angewiesen gewesen wären, konnten schon auf der neuen Station „Lebensluft“ im Helios Universitätsklinikum Wuppertal vollständig entwöhnt werden.

„Durch die individuelle und intensive therapeutische Betreuung im Rahmen von ‚Lebensluft‘ können wir Menschen die Chance auf ein Leben ohne Beatmungsgerät und damit deutlich mehr Lebensqualität geben. Unser langfristiges Ziel ist es, dass dieses sinnvolle und erfolgreiche Modell allen betroffenen Patienten zur Verfügung steht“, so Matthias Mohrmann, Mitglied des Vorstandes der AOK Rheinland/Hamburg. „Gemeinsam mit unseren Vertragspartnern schließen wir damit in der Region eine Versorgungslücke – und setzen uns nachdrücklich dafür ein, dass ‚Lebensluft‘ angesichts der bundesweit bestehenden Versorgungsproblematik auf andere Bundesländer ausgeweitet wird“.

Auf der Station „Lebensluft“ in Wuppertal kümmern sich Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen, speziell ausgebildete Krankenpfleger, Spezialisten wie Ergo-, Physio- und Atmungstherapeuten sowie Logopäden um derzeit fünf Patienten in individueller Atmosphäre. Deren Wohlbefinden und ihre Rundum-Betreuung haben oberste Priorität. Aktuell bietet die Station Platz für zwölf Patientinnen und Patienten. Jedem stehen ein wohnlich gestaltetes Einzelzimmer und ein Gemeinschaftraum für Besuche von Angehörigen zur Verfügung. Zur Mobilisation und Stärkung der gesamten Muskulatur kommen hoch entwickelte Hilfsmittel, wie ein Gangtrainer, zum Einsatz. Psychosoziale Betreuung, Schulungen und gemeinsame Aktivitäten unterstützen die Patienten auf dem Weg zurück in den Alltag.

„Trotzdem ist dieser Weg für die Patienten kein leichter“, erklärt Prof. Dr. med. Kurt Rasche, Direktor der Klinik für Pneumologie, Allergologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin am Helios Universitätsklinikum Wuppertal. „Unser hochmotiviertes Team setzt mit viel Herzblut alles daran, unsere Patienten endgültig von der Beatmungsmaschine zu entwöhnen. Um das zu erreichen, braucht es gezielte Entwöhnungsstrategien, die das Modell ‚Lebensluft‘ ermöglicht.“