Wuppertaler ZDF-Reporter Martin Schneider „Außer Hotel, Sendezentrum und Sportstätten alles tabu“
Wuppertal / Tokio · Der Wuppertaler Sportkommentator Martin Schneider (54) ist Teil des Tokio-Teams des ZDF. Olympische Spiele unter Corona-Bedingungen sind auch für den bei zahllosen Großereignissen erprobten Journalisten eine ganz neue Erfahrung. Im Gespräch mit Rundschau-Redaktionsleiter Roderich Trapp erzählt er von den ersten Erlebnissen vor Ort.
Rundschau: Hallo Herr Schneider, gut angekommen?
Schneider: „Ja, aber schon bei der Ankunft war alles ganz anders als bei meinen bisherigen Einsätzen in Japan, zum Beispiel bei der Fußball-WM 2002. Diesmal gab es nach zwölf Stunden reiner Flugzeit schier endlose Formalitäten und Kontrollen am Flughafen. Da durchläuft man bestimmt zehn Stationen, muss Unmengen an Formularen vorzeigen und noch einmal einen Corona-Spucktest machen. So dauert es dreieinhalb Stunden, bis man im Hotel ankommt, das eigentlich nur 20 Minuten entfernt ist ...“
Rundschau: Man hört, dass auch die Journalisten komplett in einer Blase leben und arbeiten müssen. Wie sieht das aus?
Schneider: „Wir dürfen uns tatsächlich nur im Hotel aufhalten und mit dem Medien-Shuttle ins Sendezentrum und zu den Sportstätten fahren. Alles andere ist tabu. Einkaufen können wir nur in einem Minimarkt in der Anlage, die Restaurants im Hotel schließen schon um 20 Uhr, manche sogar um 19 Uhr. Das passt nicht gut zu den Arbeitszeiten, schon gar nicht, wenn man für Europa produziert. Ich bin froh, dass ich mir Schwarzbrot mitgenommen habe, das der Beagle am Flughafen zum Glück nicht erschnüffelt hat ...“
Rundschau: Wie nehmen Sie denn die Lage in der Stadt wahr?
Schneider: „Schwierig. Wie hoch die Inzidenz wirklich ist, kriegt man nicht so richtig raus. Wir wissen ja, dass die Impfquote in Japan sehr niedrig ist. Und die Testquote auch. Es gibt hier nicht wie bei uns an jeder Ecke ein Schnelltestzentrum. Die Einschränkungen sind sehr umfassend. Zum Beispiel darf in Restaurants kein Alkohol ausgeschenkt werden. Die Japaner sind trotzdem wie gewohnt sehr freundlich. Gleichzeitig kursieren aber auch hier weiter Gerüchte, dass die Spiele abgebrochen werden könnten, wenn sich die Corona-Fälle häufen.“
Rundschau: Wenn alles gut geht: Wo sehen wir Sie dann im Einsatz?
Schneider: „Ich kommentiere die Beachvolleyball-Wettbewerbe zusammen mit Experte Jonas Reckermann, der 2012 in London mit Julius Brink Gold gewonnen hat.“
Rundschau: Es wurde im Vorfeld viel über das für Leistungssportler schwierige Klima in Tokio geredet. Wie ist denn das Wetter?
Schneider: „Es ist schon so knallheiß wie alle vorher gesegt haben – über 30 Grad und ordentlich Luftfeuchtigkeit. So war es aber zuletzt in Rio auch. Ein Problem ist tatsächlich das Beachvolleyball-Stadion. Da liegt das Feld komplett in der Sonne. Der Sand wird deshalb so heiß, dass man barfuß kaum darauf stehen kann.“