Im Porträt - der neue WSV-Verteidiger Cihan Kaptan (26) Klopp, Hrubesch und die WM

Wuppertal · WSV-Neuzugang Cihan Kaptan hatte die Stollenschuhe eigentlich schon an den Nagel gehängt — im besten Fußballalter und trotz einer großen Vergangenheit in den U20-Nationalmannschaft des DFB. Dann überredete ihn sein Nachbar zum Weitermachen.

Cihan Kaptan in Aktion: Noch darf der 26-Jährige aber nicht offiziell das Trikot des WSV tragen.

Foto: Dirk Freund

Er heißt Stefan Vollmerhausen ...

Not macht bekanntlich erfinderisch. Und Cihan Kaptan war in Not. Damals. 2009. Bei der U20-Weltmeisterschaft in Ägypten gehörte er zum Kader der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Während des Turniers machte das Team von Trainer Horst Hrubesch einen Ausflug zu den Pyramiden. "Dabei habe ich mich auf meinem Kamel etwas zu weit von den anderen entfernt, und das wollten die Beduinen ausnutzen. Sie haben mich zwar nicht ausgeraubt, verlangten aber einen viel höheren Preis für ihre Führung. Ich konnte sie dann veräppeln, indem ich ihnen sagte, dass meine Tasche bei der Gruppe sei. Zum Glück haben sie mir den Schwindel geglaubt", erzählt Kaptan im Gespräch mit der Rundschau.

Trotz dieses Schreck-Momentes: Es war eine schöne Zeit in der Karriere von Cihan Kaptan. Der Rechtsverteidiger spielte seinerzeit bei Bursaspor in der ersten türkischen Liga und erreichte mit der U20 des DFB das WM-Viertelfinale, wo es gegen Brasilien ein sehr unglückliches 1:2 gab. An der Seite von heute so prominenten Namen wie Ron-Robert Zieler, den Bender-Zwillingen Lars und Sven sowie Lewis Holtby kam Cihan Kaptan bei vier der fünf Turnier-Spiele zum Einsatz. "Horst Hrubesch war wie ein Vater für mich. Er hat mich durch meine gesamte Jugend-Karriere begleitet, mir stets sein Vertrauen geschenkt und mich dann auch in den WM-Kader berufen", sagt er.

Zwölf Jahre durchlief Kaptan von 1996 bis 2008 die verschiedenen Nachwuchsmannschaften von Bayer 04 Leverkusen, danach versuchte er bei Bursaspor die ersten Schritte als Profi. Im Januar 2010 schien der Sprung endgültig zu gelingen. Borussia Dortmund holte Kaptan in seine zweite Mannschaft, wo er auch Jürgen Klopp kennen lernte. "Den habe ich als einen sehr freundlichen Menschen empfunden. Er hat sich sehr oft unsere Spiele in der Dritten Liga angesehen und dabei auch immer mit uns gesprochen", erinnert sich der neue WSV-Verteidiger.

Dessen Pech war, dass er sich nach nur sieben Spielen verletzte. "Ich hatte mir einen Muskelfaserriss zugezogen und damit war die Saison gelaufen. Der BVB stieg zudem ab und hat dann den Umbau ohne mich geplant. Leider haben sich für mich in jenem Sommer keine Angebote ergeben", sagte Kaptan.

Der Knick. Zunächst war Kaptan sogar vereinslos, dann holte ihn zur Rückrunde 2010/11 der SSV Jahn Regensburg. Unter Trainer Markus Weinzierl fand er allerdings kaum Berücksichtigung, und so zog Kaptan in die Türkei, wo er fortan für verschiedene Zweitligisten spielte. Nach vier Jahren aber wollte er im vergangenen Sommer zurück in seine Heimatstadt Wuppertal. "Ich war so lange von meiner Familie getrennt. Also beschloss ich, die Fußballschuhe an den Nagel zu hängen", so Kaptan.

Das Karriere-Ende mit 26? Wahrscheinlich, wäre nicht ausgerechnet WSV-Trainer Stefan Vollmerhausen sein Nachbar. "Er hat mich überzeugt, dass ich beim WSV eine wichtige Rolle spielen kann", sagte Kaptan. Für den beidfüßigen Defensivakteur gab es auch von anderen Vereinen Anfragen, doch der gebürtige Vohwinkeler erklärte: "Die waren alle nicht interessant. Wenn ich überhaupt weitermache, dann nur beim WSV. Schließlich habe ich in diesem Verein einst bei den Bambini mal begonnen."

Aktuell wartet Kaptan auf die Freigabe durch den DFB, weshalb er auch beim 2:1 im Test gegen Rot-Weiß Frankfurt am vergangenen Sonntag noch nicht zum Einsatz kommen konnte: "Sobald die Spielberechtigung da ist, möchte ich meinen Beitrag leisten." Erfahrung bringt er bei seiner Vita dafür reichlich mit. Und wenn in der Abwehr doch mal Not sein sollte, dann lässt sich der eine oder andere Gegenspieler sicherlich auch veräppeln.