Offener Brief nach Berlin Wuppertaler Jusos wollen keine Groko

Wuppertal · Die Wuppertaler Jusos haben einen offenen Brief an die Bundesparteitagsdelegierten der SPD Wuppertal geschrieben. Sie appellieren, den Koalitionsverhandlungen mit der Union nicht zuzustimmen.

Der Vorstand der Jusos: Jonas Klein, Julia Schnäbelin, Soufian Goudi (v.l.).

Foto: Jusos Wuppertal

Der Brief im Wortlaut: "Die SPD ist im September letzten Jahres mit dem Grundsatz "Mehr Gerechtigkeit" zur Bundestagswahl angetreten. Viele Stunden waren wir auf den Straßen, den Plätzen und an den Haustüren, um mit Überzeugung für mehr Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft zu streiten. Gerade diesen Grundgedanken können wir beim besten Willen nicht bei dem uns vorliegenden Sondierungspapier erkennen, welches den Weg ebnen soll für eine große Koalition zwischen CDU/CSU und SPD. Zentrale Themen wie die Abschaffung von sachgrundloser Befristung, die Erhöhung des spitzensteuersatzes, das Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit, die Bürgerversicherung, eine wirkliche Politikwende in der Pflege oder Rentenpolitik lassen sich entweder gar nicht finden oder tauchen nur als halbherziger Kompromiss auf. Das macht es für uns schwer, eine echte
"sozialdemokratische Handschrift" zu erkennen.

Anstatt wichtige und weitreichende Themenschwerpunkte für eine mögliche Legislatur zu setzen, wie zum Beispiel 2013 den Mindestlohn oder die Mietpreisbremse, einigen wir uns auf eine Verschärfung des Asylrechts und eine Obergrenze für Flüchtlinge und werben gemeinsam mit der CSU am rechten Rand der Gesellschaft. Die SPD ist und bleibt eine Partei mit einer sehr hohen Verantwortung für das Land und seine Menschen. So war die SPD seit dem Jahr 2000 insgesamt dreizehn Jahre an der Regierungsbildung im Bund beteiligt. Doch auch innerhalb unserer Partei muss es rote Linien geben, die nicht überschritten werden dürfen. Denn bevor man Verantwortung für andere übernimmt, muss man Verantwortung für sich selbst übernehmen.

Wenn Angela Merkel für ein "Weiter so!" eintritt, dann ist das ihre Entscheidung, nicht unsere. Regieren ohne die Möglichkeit zu haben, wichtige Großbaustellen in der Gesellschaft anzupacken und gleichzeitig die Kanzlerschaft von Angela Merkel zu verlängern, kann nicht unser emeinsames Ziel sein.

Die Sozialdemokratie in Deutschland hat aus ihren Fehlern offensichtlich nicht gelernt. Erst wenn dies stattfindet, kann man Regierungsaufgaben richtig wahrnehmen. Die Aufarbeitung und die so oft angepriesene Erneuerung der Partei verschwindet aber in den Diskussionen über mögliche Regierungsbeteiligungen.


Wir sind uns im Klaren darüber, dass der Parteitag eine schwierige Entscheidung zu treffen hat, doch ein "weiter so" wird nicht zu mehr, sondern zur weniger als 20,5 Prozent Stimmen führen.

Gerade in den nächsten Jahren und Jahrzehnten werden elementare gesellschaftliche Probleme zu lösen sein, die gerade so nach sozialdemokratischer Politik rufen. Die SPD muss bereit sein, die Schere zwischen Arm und Reich wieder zu schließen, die Rente sowohl von Alt als auch von Jung zu sichern und Europa entgegen rechter Hetzer und Populisten zu einen. Deutschland braucht eine starke und glaubwürdige
Sozialdemokratische Partei, die sich wieder auf ihre Grundwerte und Ideale beruft und die zum Bollwerk gegen Rechtspopulisms und das Elend in Europa wird.

Veränderungen sind nur möglich, wenn man eigene Fehler erkennen kann und Verantwortung für sich selbst übernimmt, wenn man die Brücken in seiner Partei erneuert und baut, wenn man in Vielheit geeint für gemeinsame Ziele kämpft. Warum soll die SPD den Wünschen der Union folgen, wenn es dabei seine eigene vergisst. Mit dem eindeutigen Votum gegen die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen, welches die vergangene Mitgliederversammlung der SPD Wuppertal abgegeben hat fühlen wir uns in unseren Ausführungen umso mehr bestätigt."