Auf dem Laurentiusplatz Weihnachtliches Mittelalter

Wuppertal · Auf dem Laurentiusplatz tickt die Uhr anders: Der Märchenmarkt zeigt Einblicke in das Leben vor 600 Jahren.

Dudelsack und Hundejaulen im Einklang: Auf dem Märchenmarkt auf dem Elberfelder Laurentiusplatz ist auch die Musik ziemlich urig.

Foto: Günter Lintl

Hinter einer Holzwand am Laurentiusplatz steht ein Gegenentwurf zur Vorweihnachtszeit. Während die Freude aufs Fest anderorts blechern durch die Boxen dröhnt, erklingt sie hier durch leises Harfenspiel. Rund 600 Jahre hat Veranstalter Andreas Nowak für seine Gäste die Zeit zurückgedreht, um ihnen zwar ein ebenfalls kommerzielles, aber gemütliches Erlebnis zu bieten. Und die zahlreichen Besucher und das Jahr für Jahr weiter wachsende Dorf zeigen, wie sehr sich auch die Wuppertaler nach Entschleunigung sehnen.

28 Händler haben sich auf dem Platz seit vergangenem Wochenende eingefunden. "Acht mehr als im letzten Jahr", sagt Nowak beim Rundgang durch das Dorf. Es ist 16 Uhr, die Feuer brennen und die Menschen ziehen von Stand zu Stand, an denen Lammfelle, Gewürzmischungen und natürlich zahlreiche Naschereien angeboten werden. Nichts blinkt, nichts glitzernd. "Die gute alte Zeit, das ist das, wonach sich die Menschen sehnen", sagt der Organisator, der vor sechs Jahren den Markt im Kleinformat startete. "Natürlich möchte keiner von uns im Mittelalter leben. Aber diese Epoche bietet eine einfache Welt mit einer Wärme, die wir im Alltag oft vermissen."

10.000 bis 15.000 Menschen flanieren an einem Wochenende über den Platz, schätzt der Veranstalter. Dass das Mittelalter ein gutes Geschäft ist, weiß auch "der Dieter" hinter der Falafel-Theke. "Wir haben noch einen größeren Stand, der zurzeit in Dortmund steht", erzählt der Verkäufer. Am Wuppertaler Markt gefällt ihm die gemütliche und noch originale Atmosphäre. Haben die Menschen im Mittelalter sich noch nach Fleisch zwischen den Zähnen gesehnt, wirbt der geschäftstüchtige Händler, wie auch Dieters Falafel-Stand, mit Schlagwörtern wie "vegan" und "glutenfrei".

Kein Fleischersatz findet auf dem Grill von Wolfgang Hover Platz, sondern Wurst mit Fenchel nach einem römischen Rezept aus dem 16. Jahrhundert, Garnelenspieße und Roastbeef. Auch Alex Ehmke beruft sich auf altes Wissen. Seine Geheimrezeptur ist eine Pfefferwurzel, die bereits Hildegard von Bingen zu schätzen wusste. Zusammen mit Ingwer, Zimt und italienischem Rotwein ergibt sie den Gewürzwein.

Das köstliche Getränk, das, so wie der Verkäufer betont, in keinem Fall mit dem "ordinären Glühwein" gleichzusetzen sei, verkauft Alex Ehmke aus einem Fass heraus. "Eiche, 130 Jahre alt und bis vor zehn Jahren noch in Funktion", sagt er. Und: "Übrigens komme ich kaum noch nach Deutschland — nur Wuppertal steht fest auf der Route, weil es hier auf dem Markt noch so schön urig ist."

Diese Urigkeit möchte Andreas Nowak noch oft in Wuppertal zum Leben erwecken.