Lindh mahnt das Bundesaußenministerium Sussy Dakaro: „Es geht um konkrete Gerechtigkeit“
Wuppertal · Auch in Wuppertal gibt es düstere Spuren aus der deutschen Kolonialzeit. Eine dieser Spuren ist mit dem Namen der jungen Sussy Dakaro verbunden. Zuletzt wurde ihre Geschichte im Rahmen der Literatur-Biennale bei einer Veranstaltung der Initiative „Decolonize Wuppertal“ thematisiert. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Helge Lindh bemüht sich um die politische Begleitung des Kontaktes mit den Nachfahren, die in Australien leben.
Sussy Dakaro (oder auch Tagarah), die eine australische Ureinwohnerin war, wurde im Jahr 1882 als erst 14-Jährige von einem Menschenhändler aus ihrer Heimat verschleppt und dann in den USA und Europa als lebendes Ausstellungsstück bei Völkerschauen vorgeführt. 1885 auch im Wuppertaler Zoo. Solche Veranstaltungen waren während der deutschen Kolonialzeit sehr häufig – und erlebten großen Publikumszuspruch.
Helge Lindh: „Die Menschen wurden wie Tiere präsentiert. Und Sussy Dakaro, die eine Australierin gewesen ist, wurde zusätzlich noch als Afrikanerin kostümiert. Das ist eine sehr traurige Geschichte.“
Als Sussy Dakaro 17 Jahre alt war, starb sie am 23. Juni 1885 in Wuppertal an Tuberkulose. Sie liegt auf dem evangelischen Friedhof in Sonnborn begraben. Im Mai 2017 wurde dort ein Gedenkstein für sie errichtet. Der Stein, seine Inschrift stammt von dem Journalisten Manfred Görgens, so ist es auf www.denkmal-wuppertal.de nachzulesen, geht auf eine Initiative des Wuppertalers Cesare Lazaros Borgia zurück, der Sussy Dakaros Schicksal entdeckt hatte.
Jetzt geht es für Helge Lindh darum, die Nachfahren von Sussy Dakaro, zu denen es bereits seit längerer Zeit Kontakte gibt, nach Wuppertal holen zu können, damit sie das Grab ihrer Vorfahrin sehen. Und damit sie dann entscheiden können, ob sie die Gebeine der jungen Frau wieder nach Australien zurückholen möchten.
Das alles dauert Helge Lindh aber schon viel zu lang. Das Außerministerium, das für Gebeine zuständig ist, lasse sich, so Lindh im Gespräch mit der Rundschau, sehr viel Zeit – und reagiere nicht beweglich genug. Wobei es ja noch nicht einmal um eine besonders große finanzielle Summe gehe – „wir reden da von der Bezahlung einiger Flüge und Unterbringungen“, so Helge Lindh.
Der Bundestagsabgeordnete findet den Fall von Sussy Dakaro deshalb sehr beispielhaft, weil es hier um ganz Konkretes, „nicht um das allgemeine Große der Erinnerungskultur-Debatte“ gehe: „Das ist eine ganz konkrete Sache vor Ort, ein Musterbeispiel dafür, wie die verschiedenen zuständigen Ebenen miteinander kooperieren könnten. Und weil es im direkten Austausch mit den Nachfahren um genau die Menschen geht, die es heute betrifft.“
Lindh wünscht sich, dass am Beispiel des Umganges mit der Erinnerung an Sussy Dakaro und dem Kontakt mit ihren Nachfahren ganz grundsätzlich ein Verfahren entwickelt werden könnte, das dann auf ähnliche Fälle anwendbar wäre.
Helge Lindh blickt in Richtung Bundesaußenministerium: „Dort muss doch gezeigt werden, wie es geht, wie es möglich gemacht werden kann. Ministerin Baerbock hat ja auch öffentlich gesagt, dass gerade solche Kontakte und Rückführungen ermöglicht werden müssen.“
Großartig sei, so der Bundestagsabgeordnete, dass der Kontakt mit Sussy Dakaros Nachkommen sehr entspannt laufe. Aber: „Dass das eigentlich Einfache, das jenseits der großen Debatten stattfindet, sich so schwierig gestaltet, finde ich unglaublich. Es geht doch hier ganz praktisch um einen Schritt zur Herstellung von echter Gerechtigkeit.“