Interview: Wie geht es weiter in Sachen Kita-Steik? "Stimmung eher ablehnend"

Wuppertal · Vier Wochen haben städtisches Kita-Personal, Sozialpädagogen und andere im Juni gestreikt. Dann kam die Schlichtung, nun läuft bis 5. August die Befragung der Mitglieder der Gewerkschaft ver.di — mit ungewissem Ausgang.

Daniel Kolle: „Die kommunalen Arbeitgeber-Hardliner haben sich der Aufwertung der sozialen Berufe komplett verweigert.“

Foto: ver.di

Rundschau-Redakteur Stefan Seitz sprach mit Wuppertals ver.di-Chef Daniel Kolle.

Um wie viele Beschäftigte geht es konkret in Wuppertal?

Exakt 936, vor allem Kindererzieherinnen und Sozialpädagogen, außerdem Pflegeberater, Mitarbeiter der Jugendgerichtshilfe und weitere mehr.

Wie sahen Ihre Gewerkschaftsforderungen aus und was hat die Schlichtung vorgeschlagen?

Unser Ziel war eine durchschnittliche Einkommenssteigerung von etwa zehn Prozent. Die Schlichtung dagegen hat beispielsweise bei den Erzieherinnen Erhöhungen zwischen 1,29 und 4,89 Prozent, sprich zwischen 22 und 160 Euro, vorgeschlagen. Bei den Sozialarbeitern soll es 1,53 bis 2,21 Prozent Plus geben. Andere Berufsgruppen würden sogar ganz leer ausgehen.

Das klingt nicht, als ob es einer Gewerkschaft gefallen könnte...

Richtig. Und das Entscheidende dabei ist nicht einmal das Geld. Es ist uns nicht gelungen, das Ziel einer Verbesserung der Eingruppierungen zu erreichen, und damit die gesteigerte Wertigkeit sozialer Berufe sichtbar zu machen. Aber zu zeigen, dass soziale Berufe sehr wichtig und etwas wert sind, ist das Eigentliche, das unsere Mitglieder bewegt. Die kommunalen Arbeitgeber haben hier auf komplette, sture Verweigerung geschaltet.

Mit welchem Argument wurde das begründet?

Man befürchtet sozusagen einen Dammbruch für alle sozialen Berufe, etwa in der Altenpflege und darüber hinaus. Dabei ist diese Verweigerungshaltung absurd. Facharbeitskräfte im gesamten Sozialbereich werden angesichts der gesellschaftlichen Realitäten und des demographischen Wandels mehr und mehr gebraucht, und zugleich werden diese Tätigkeiten von den Arbeitgebern mehr und mehr unattraktiv gemacht. Das Rennen, das sie da begonnen haben, werden die Arbeitgeber auf jeden Fall verlieren.

Wie war die Stimmung bei den Eltern während des Streiks?

Wir haben große Zustimmung erfahren. Ganz viele haben jetzt erst gesehen und begriffen, was beispielsweise der Beruf der Kita-Erzieherin wirklich tagtäglich bedeutet. Ich beziffere Verständnis und Zustimmung zu unserem Streik mit einer Größenordnung von 80 Prozent.

Wie ist die Mitgliederstimmung angesichts der Schlichtungsempfehlungen, und wie geht's jetzt weiter?

Die Stimmung würde ich als sehr zurückhaltend und eher ablehnend bezeichnen. Wir werden das Ergebnis unserer Mitgliederbefragung abwarten und dann entscheiden. Die Situation einer kompletten Arbeitgeberverweigerung jedenfalls ist neu. Selbst bei der Post, wo die Lage ähnlich war, konnte ein Kompromiss gefunden werden. Wie sich aber die kommunalen Arbeitgeber verhalten, das ist eine ganz neue Dimension, die ich so noch nie erlebt habe. Wir denken bereits intensiv über neue Formen beispielsweise auch der juristischen und innerbetrieblichen Auseinandersetzung nach.

(Rundschau Verlagsgesellschaft)