Paukenschlag in Steuer-Prozess Angeklagte frei: Staatsanwaltschaft legt Beschwerde ein
Wuppertal · Paukenschlag in einem Steuer-Strafprozess um mutmaßlich regional agierende Scheinfirmen und einen geschätzten Schaden von mehr als 36 Millionen Euro: Das Landgericht Wuppertal hat die Anklage der Staatsanwaltschaft abgelehnt.
Einen Angeschuldigten aus Wuppertal entließen die Richter ebenso aus der Untersuchungshaft wie vier weitere Männer und eine Frau. Laut Landgericht hatte die Staatsanwaltschaft dringende Hinweise übergangen, wonach weitere Ermittlungen nötig wären.
Die sechs Angeschuldigten im Alter zwischen 31 und 72 Jahren sollen sich unterschiedlich an einem Geflecht von Scheinfirmen beteiligt haben. Hintergrund sei die Bauindustrie. Sie hätten frei erfundene Rechnungen an Unternehmen verkauft, die dadurch Ausgaben vortäuschen wollten. Einer der sechs Angeschuldigten soll so allein 470.000 Euro an Umsatzsteuer hinterzogen haben.
Personen aus dem Ausland wären jeweils für kurze Zeit eingereist, hätten sich als Strohmänner zur Verfügung gestellt und die Scheinfirmen auf ihre Namen eingetragen. Diese mutmaßlichen Komplizen wären dann wieder im Ausland verschwunden. Auf die Firmen wiederum seien Arbeitnehmer in geringem Umfang angemeldet gewesen, die in Wahrheit für andere Firmen mehr gearbeitet hätten. So sollen die Beteiligten zusätzlich Sozialabgaben hinterzogen haben.
Laut Landgericht gehen auch die Richter davon aus, dass sich die Angeschuldigten an dem System beteiligten. Die Schadenshöhe sei aber zu pauschal geschätzt. Die hätte nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genauer geprüft werden sollen. Darauf habe der vorsitzende Richter Holger Jung in den vergangenen Wochen auch hingewiesen. Die Staatsanwaltschaft habe das übergangen und weitere Ermittlungen abgelehnt. Die Auffassung der Richter: Das Landgericht habe einzelne, ergänzende Beweiserhebungen anzuordnen, nicht jedoch wesentliche Teile des Ermittlungsverfahrens nachzuholen.
Oberstaatsanwalt Baumert: "Wir haben Beschwerde eingelegt, sowohl gegen die Nichteröffnung als auch gegen die Aufhebung der Haftbefehle." Als Nächstes muss das Oberlandesgericht entscheiden.