Ungewöhnliches an der Hochstraße Poetische Minuten auf dem Friedhof zu Leben und Tod

Wuppertal · Der Christliche Friedhofsverband in Wuppertal lud diese Woche zum ersten Poetry-Slam auf dem Friedhof ein. Die Idee begeisterte viele Zuschauerinnen und Zuschauer.

Die Veranstaltung war gut besucht.

Foto: Stephanie Trapp

Tiefgründige Texte über das Leben und den Tod, präsentiert in fünf bis sieben Minuten an dem Ort, an dem Leben und Tod ganz nahe bei einander liegen – und zwar auf dem Friedhof. Das war die Idee des ersten Poetry-Slam, zu dem der Christliche Friedhofsverband am vergangenen Mittwoch auf den evangelisch-lutherischen Friedhof Hochstraße eingeladen hatte. Eine Idee, die gut ankam.

Vier Wortakrobatinnen und -akrobaten trugen ihre Texte vor. Zwei Runden gab es, bei denen sie zuerst einen Text über das Thema Tod und dann einen über das Leben präsentierten. Anschließend gab das Publikum seine Stimme für die Finalistinnen und Finalisten ab, die jeweils einen Text nach Wahl präsentierten.

Von li.: Moderator Ralph Michael Beyer mit den Poetry-Slammerinnen und -Slammern Lara Essig, Holger Pyka, Sonja van der Veen und Michael Schumacher.

Foto: Stephanie Trapp

Miteinander ins Gespräch kommen

„Es mag auf den ersten Blick ein ungewöhnlicher Ort für solch eine Veranstaltung sein, doch Friedhöfe sind besondere Orte und sie haben eine besondere Atmosphäre. Hier liegen Leben und Tod so nah beieinander“, erklärt Stephanie Trapp, Öffentlichkeitsreferentin des Christlichen Friedhofverbandes Wuppertal. „Daher bieten sie sich auch für ein Poetry Slam an, das Menschen schnell miteinander ins Gespräch bringt, denn die gehörten Texte bieten dazu wunderbare Anknüpfungspunkte.“

Für Gesprächsstoff sorgte der Wuppertaler Theologe und Slam-Poet Holger Pyka direkt mit einem Satz in seinem ersten Beitrag: „Das Leben ist für alle tödlich, aber nicht für alle gleich.“ Er entschied die erste Wettbewerbsrunde deutlich für sich. In seinem Text verarbeitete er seine Erfahrungen als Pfarrer, der in Beerdigungen viel über das Leben gelernt hat. Er brachte das Publikum nicht nur zum Nachdenken, sondern auch zum Lachen.

Unter dem Titel „Was noch kommt“ machte sich der Wuppertaler Künstler und Peotry-Slammer Michael Schumacher aus der Sicht eines Toten Gedanken über das Leben, das zu kurz sei, um sich immer wieder zu fragen, was danach komme. Sonja van der Veen, die schon seit einigen Jahren auf den Poetry Slam-Bühnen Deutschlands sehr erfolgreich unterwegs ist, warnte vor dem Krieg und der dadurch sterbenden Menschlichkeit, die sowohl politisch als auch auf gesellschaftlicher Ebene von großer Bedeutung sei.

Slam-Poetin Lara Essig gewinnt

Die 25-jährige Wuppertaler Poetin Lara Essig sprach über das ganz persönliche und überaus relevante Thema Suizidgedanken. „Suizidal ist man, wenn man mehr Angst vor dem Leben als vor dem Tod hat. Am Ende stand ich vor der Entscheidung, 100 Prozent zu leben oder für immer wegzulaufen“, formulierte sie ihren Weg zu Individualität und Lebensfreude. Mit ihren Texten gewann sie schließlich den ersten „Death and live Slam“ des Christlichen Friedhofsverbandes, den Stephanie Trapp gerne wiederholen möchte.

„Wir freuen uns, dass um die 50 Menschen Interesse an dem Thema zeigten“, sagt sie. „Und sind froh, dass wir auf der einen Seite den Raum für schwere, bedrückende und belastende Themen bieten konnten und gleichzeitig das Leben feiern konnten und gemeinsam gelacht haben.“