Kein Kanal - aber Land und Wasser als Menschenrecht

Auf der vom Wuppertaler Informationsbüro Nicaragua ausgerichteten bundesweiten Nicaragua-Konferenz in der "Börse" nahmen vor kurzem etwa 60 Besucher aus ganz Deutschland sowie geladene Gäste aus sozialen Bewegungen in Nicaragua teil.

Auf dem Podium in der "Börse" gab es zahlreiche Positionen zum Thema Kanalbau in Nicaragua. Ganz links im Bild Kanal-Kritikerin Monica Lopez Baltodano.

Foto: Informationsbüro Nicaragua

Die Themenpalette der Foren reichte von "Landnutzungskonflikte und Rohstoffabbau", "Ernährungssouveränität" oder "Gesundheit und Zugang zu Wasser als Menschenrecht" - und es zeigte sich, dass die Konflikte und Auseinandersetzungsformen sich häufig ähneln: Bei Bergbauprojekten in Nicaragua oder im deutschen Garzweiler wehren sich Menschen gegen ihre Vertreibung. Mit der Kampagne "Stop Mad Mining" fordern Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen von der EU verbindliche Regeln zur Einhaltung von Menschenrechten, damit der Abbau von Rohstoffen nicht länger mit katastrophalen Arbeitsbedingungen und der Schädigung von Mensch und Natur einhergeht. Die Konferenzteilnehmer formulierten auch einen offenen Brief gegen die Kohlepolitik der Wuppertaler Stadtwerke.

Diskutiert wurde auch das Thema Agrosprit, der in Nicaragua Flächen zur Lebensmittelproduktion vernichtet, und Kleinbauern in schlecht bezahlte, gesundheitsschädliche Saison-Lohnarbeitsverhältnisse zwingt. Ebenso wie in Deutschland industrialisierte Monokulturen und Agrarfabriken eine nachhaltige Landwirtschaft und gesunde Ernährung bedrohen. Wichtig für die Ernährungssouveränität, so der Konferenz-Tenor, seien deshalb Initiativen wie die Hausgärten in Managua oder die Solidarische Landwirtschaft in Deutschland, bei der städtische Konsumenten und örtliche Bauern neue Bündnisse eingehen.

Höhepunkt der Konferenz war der Vortrag und die anschließende Podiumsdiskussion zum Schwerpunktthema - dem geplanten interozeanischen Kanal vom Atlantik zum Pazifik. Hauptreferentin war Monica Lopez Baltodano aus Nicaragua, die wohl prominenteste Kritikerin des Kanalprojektes. Zudem vertrat Saul Obregon die Proteste betroffener lokaler Gemeinden, und Francesco Porras Lopez wies als Befürworter auf die wirtschaftliche Rahmendaten und die Potentiale des Kanalprojekts hin, das von der nicaraguanischen Regierung und einem chinesischen Investor vorangetrieben wird.

Mit der Konzession erhält der Investor auch die Möglichkeit Touristikkomplexe, zwei Tiefseehäfen, Freihandelszonen, Eisenbahnlinien und Pipelines sowie einen Flughafen einzurichten - steuerfrei und ohne Risikoübernahme bei politischen, juristischen, ökologischen oder wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Der Kanal wird durch den zweitgrößten See Lateinamerikas und internationale Naturschutzreservate gehen: Damit sind strategische Trinkwasserreserven bedroht, etwa 119.000 Menschen, vornehmlich Bauern, Fischer und ursprüngliche Einwohner, müssen umgesiedelt werden. Eine Beteiligung der Bevölkerung hat bisher nicht stattgefunden.

Die Wuppertaler Konferenzteilnehmer beschlossen deshalb, die Internet-Petition "Rettet den Regenwald - Kein Kanal in Nicaragua" zu unterstützen, und auf die interessierten deutschen Unternehmen einzuwirken, sich nicht am Kanalbau zu beteiligen.