Interview mit Hans-Uwe Flunkert (GMW) „In 20 Jahren zwei Milliarden verbaut“

Wuppertal · 23 Jahre lang war der studierte Elektrotechniker Dr. Hans-Uwe Flunkert Leiter des Gebäudemanagents der Stadt Wuppertal (GMW). Am 1. April endet seine Dienstzeit. Im Gespräch mit Stefan Seitz und Roderich Trapp blickt der 65-Jährige, der aus Heckinghausen stammt, zurück – aber auch nach vorn.

Der scheidende GMW-Chef Hans-Uwe Flunkert.

Foto: rt/Wuppertaler Rundschau

Rundschau: Nennen Sie uns doch mal ein paar wichtige Zahlen aus Geschichte und Gegenwart des Gebäudemanagements.

Flunkert: „Als das GMW 1998 quasi als Immobilienfirma der Stadt Wuppertal ins Leben gerufen wurde, ging es um mehr als 800 kommunale Gebäude. Wir waren 420 Leute mit 32 Millionen Mark Bau-Umsatz pro Jahr. Heute, bei nach wie vor rund 800 Immobilien, sind wir 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese Zahl ist also kaum gewachsen. Der jährliche Bau-Umsatz aber schon, der liegt jetzt bei 100 Millionen Euro. Seit das GMW existiert, haben wir in der Stadt viele Tausend Bauvorhaben mit einem Gesamtvolumen von zwei Milliarden Euro geräuschlos über die Bühne gebracht.“

Rundschau: Bis auf die Hardt, die zuletzt für extrem viel Missstimmung gesorgt hat ...

Flunkert: „Richtig. Fakt ist, dass wir auf die jahrelang erprobte Container-Bauweise vertraut haben. Unter dieser Prämisse wären der Abriss der alten Pädagogischen Hochschule und ein Container-Neubau definitiv die wirtschaftlichere Lösung gewesen. Dass zwischenzeitlich die Landesrichtlinien für übereinander gestapelte Stahlbauten geändert worden sind, habe ich, haben wir zu spät erfahren. Das hat dann zu Verzögerungen und Kostensteigerungen geführt. Gut war das nicht. Ja, in der Ratsvorlage zur Hardt hätte ein Vorbehalt stehen müssen.“

Rundschau: Das GMW ist in der Folge stark kritisiert worden, außerdem gab es die Forderung nach Überprüfung der inneren Strukturen.

Flunkert: „Wenn ein Fehler passiert, ist das ein ganz normaler Reflex. Und Überprüfungen möchte ich nicht vorgreifen. Klar ist, dass es immer Dinge zu verbessern gibt. Klar ist aber auch: Das GMW ist nicht mehr dasselbe wie vor 20 Jahren, und das Bauen ist rechtlich hochkompliziert geworden. Gebäudebetreiber müssen, allein zu Thema Betreiberverantwortung, heute etwa 3.000 Gesetze beachten, insgesamt sind es sicherlich mehrere Zigtausend Vorschriften, Normen und Gesetze. Es ist weltfremd zu glauben, dass man da immer alles mitbekommen kann. Mit Blick auf die Hardt muss ich sagen: Die öffentliche Wut dem GMW gegenüber tat weh, denn dort arbeiten über die Jahrzehnte sehr gute Leute, die viel für die Stadt getan haben, deren Verdienst es ist, um nur ein Beispiel zu nennen, dass die Wuppertaler Schulen rundum sicher sind. Es kann sein, dass man innerhalb des GMW da und dort etwas verändern kann. Aber wir haben mit der bestehenden Struktur das Opernhaus und die Schwimmoper auf den Cent saniert. Wir haben fürs Schulzentrum Ost 36 Millionen Euro geschätzt, und es hat 36 Millionen Euro gekostet. Dass das plötzlich alles nichts mehr zählte und wert war, tat und tut natürlich weh.“

Rundschau: Apropos: Bei Ihrer letzten Sitzung des städtischen Gebäudemanagement-Ausschusses im Rathaus am 11. Februar gab es weder eine offizielle Verabschiedung, noch ein offizielles Wort des Dankes.

Flunkert: „Ich bin nicht nachtragend, aber das hat mich verletzt. Ich habe meinen Job jeden Tag sehr gern gemacht. Als ich anfing, waren 70 Prozent aller städtischen Gebäude stark geschädigt, heute liegt diese Schadensquote unter 15 Prozent. Nie wurde ein Gebäude geschlossen. Als es zum Beispiel darum ging, alle Wuppertaler Grundschulen brandschutzsicher zu machen, haben wir aus Schulkellern 110 Tonnen Sperrmüll und eine Tonne undefinierbarer Flüssigkeiten entfernt.“

Rundschau: Gibt es GMW-Aktionen, an die Sie sich besonders gern erinnern?

Flunkert: Schön waren viele Sachen. Die zahlreichen Kindertagesstätten, die Eröffnung der neuen Synagoge mit dem Bundespräsidenten und dem israelischen Staatspräsidenten, die von Anfang an intensive Planung der Sanierung des Dörpfeld-Gymnasiums mit Beteiligung der gesamten Schule. Gerade Letzteres ist mir wichtig, denn mich haben immer die Menschen interessiert, auch die Weiterentwicklung unserer Mitarbeiter. Toll war die Realisierung des Hintertor-Tribünen-Neubaus im Stadion am Zoo. Unsere Idee war, das für eine Million zu schaffen. Bei der Ausschreibung mussten wir feststellen, dass die Firmen sich scheinbar abgesprochen hatten und das billigste Angebot 3,5 Millionen lautete. Zusammen mit dem Jobcenter und der Qualifizierungsgesellschaft GBA ist es uns dann gelungen, 5.500 Stehplätze pro Seite für tatsächlich eine Million herzustellen. Ein echtes Betonbauer-Abenteuer mit vielen hochengagierten Leuten, die was fürs Leben gelernt haben. Diese Aktion war der Hammer!“

Rundschau: Thema Geld: Immer wieder heißt es, wenn die Stadt, also das Gebäudemanagement, baut, werde alles teurer und teurer.

Flunkert: „Für die Schätzung dessen, was ein Bau kosten wird, gibt es nach DIN 276 ganz zu Beginn sieben Zahlen, am Ende dann 270 Zahlen. Und was die wenigsten wissen, worauf ich aber immer wieder hinweise: Bei der sogenannten Kostenberechnung, dem beispielsweise für politische Beschlüsse genauesten Instrument, beträgt die offiziell tolerierte Abweichung 23 Prozent! Die Vorausberechnung von Kosten ist der Versuch zu raten, was ein Bauunternehmer, den ich zum Zeitpunkt der Kostenschätzung noch gar nicht kenne, kalkulieren wird. Von den Schwankungen der Baupreise einmal ganz abgesehen. Wenn Bund und Land riesige Bauförderprogramme auflegen, schießen die Baupreise in die Höhe. Das ist ein Marktgesetz.“

Rundschau: Sie haben auch immer wieder den riesigen Vorschriften-Dschungel kritisiert...

Flunkert: „Bauen ist rechtlich unglaublich kompliziert geworden. Menschen werden erheblich reglementiert, Planungen werden immer komplexer. Wir reden hier von der Energetik eines Gebäudes, dem Lebenszyklus aller Materialien, rechnergesteuerter Lüftungstechnik, dem gesamten Technisierungsgrad. Von der GMW-Zentrale aus können wir in den 800 städtischen Gebäuden auf 32.000 Messpunkte zugreifen. Das spart unter dem Strich Geld, aber dafür braucht man Leute. Spart man an diesen Leuten, kostet es am Ende Geld. Zum Thema Vorschriften: Einer Person, die an einem durch Bund oder Land geförderten Projekt planerisch arbeitet, stehen 13 Personen gegenüber, die das Ganze als Prüf-Instanzen kontrollieren. Das ist ein riesiger Aufwand, ein gigantischer Verwaltungswasserkopf. Überall in Deutschland. Ehrlich gesagt, bin ich froh, dass ich mich damit jetzt nicht mehr herumschlagen muss.

Rundschau: Das Wuppertaler GMW ist eines der ältesten in Deutschland. Wird es kopiert?

Flunkert: „Anfangs waren sechs NRW-Städte mit auf dem Kurs, jetzt sind es viele in Deutschland. Alles nicht als Amt, sondern als Eigenbetrieb, der echte eigene Kompetenzen hat, zu organisieren, ist ein Erfolgsmodell. Alles unter einem Dach, mit erfahrenen Produktmanagern, die als Ansprechpartner der Kunden, etwa der Schulen, mit ihnen herausarbeiten, was gebaut werden soll, und wie das bezahlt werden kann, sehe ich als Riesenvorteil. Diese Prozesse sind manchmal schwierig, aber bei den 20 großen Schulbauten ist es immer zu einem positiven Ende gekommen. Da geht es eben ums Managen, nicht ums Verwalten. Deswegen tue ich mich auch so schwer damit, dass angeblich etwas mit der Struktur des GMW nicht stimmen soll.

Rundschau: Wie sehen Sie die Zukunft des Gebäudemanagements?

Flunkert: „Ich habe eine ausgezeichnete Nachfolgerin, die sich auf sehr gute Leute verlassen kann. Und wir sind als öffentlicher Arbeitgeber hochinteressant für Frauen, deren Anteil im großen Berufssektor Technik zwar zäh, aber spürbar wächst. Ich würde dem Betrieb wünschen, dass es 30 bis 35 Stellen für Ingenieure und Architekten mehr gibt, denn die werden dringend gebraucht. Ich jedenfalls werde die Menschen im GMW-Team sehr vermissen.“