Bergischer Geschichtsverein Appell für Erhalt der Kirchlichen Hochschule
Wuppertal · Die Sondersynode der Evangelischen Kirche im Rheinland hat sich mit der Zukunft der Kirchlichen Hochschule (KiHo) auf dem Heiligen Berg in Wuppertal, der einzigen theologischen Hochschule in ausschließlicher Trägerschaft der evangelischen Kirche, beschäftigt. Der Bergische Geschichtsverein (BGV) spricht sich in einer Erklärung für den Erhalt aus. Der Wortlaut.
„Angesichts des Umstandes, dass die Evangelische Kirche in Westfalen sich aus der Finanzierung zurückzuziehen droht und die EKD ihre Zuschüsse in den kommenden Jahren drastisch reduzieren wird, sowie der sinkenden Studierendenzahlen ist eine Neuorientierung dringend vonnöten. Ohne der Entscheidung der (virtuellen) Synode vorgreifen zu wollen, sprich der Bergische Geschichtsverein (BGV) sich nachdrücklich für den Erhalt der KiHo aus.
Aus Sicht des BGV, der sich von seinen Anfängen 1863 an mit der Konfessionalisierungsgeschichte der Region befasst hat, handelt es sich bei der KiHo um einen Erinnerungsort von erheblicher lokaler und regionaler Bedeutung, die keineswegs auf den kirchlichen Bereich beschränkt ist.
Schließlich ist die KiHo aus der Bekennende Kirche (BK) hervorgegangen, die sich gegen eine nationale Einheitskirche wandte, wie sie von den Nationalsozialisten beabsichtigt und 1934 im Entstehen begriffen war. Das theologische Fundament, auf dem die BK gründet und dessen Ausfluss die Gründung der KiHo 1935 war, ist die Barmer Erklärung, die vor wenigen Tagen ihren 90. Jahrestag feiern konnte. In ihr wird erklärt, dass die evangelische Kirche allein dem biblischen Zeugnis von Jesus Christus verpflichtet sei und deshalb Bestrebungen widerstehen müsse, den Christusglauben staatlich zu funktionalisieren.
Aber nicht nur deshalb ist die KiHo, die 1935 gegründet und sogleich wieder verboten wurde, ein Erinnerungsort. Sie ist dies auch, weil sie 1945 wieder ins Leben gerufen wurde und seit dem lebendig geblieben ist. Denn bis in die Gegenwart wird an ihr Theologie gelehrt werden Pfarrer ausgebildet, aber auch Laien, die in den pastoralen Dienst eintreten oder in anderen Bereichen der Gesellschaft tätig werden.
Diese lebendige Lehrtätigkeit, die sicherstellt, dass theologisches Wissen permanent hinterfragt und erneuert wird, tut gesellschaftlich not. Denn trotz aller Säkularisierung ist die gegenwärtige Kultur vielfach noch nachhaltig christlich geprägt. Plakativ deutlich wird das etwa daran, dass christliche Feiertage weiterhin den Rhythmus des gesellschaftlichen, aber auch des Wirtschaftslebens prägen.
Deshalb muss auch derjenige, der sich von solchen Einflüssen zu befreien sucht, über das notwendige theologische Wissen verfügen, will er seine Entscheidung kritisch und nicht unbedacht treffen. Noch immer ist religiöses und theologisches Wissen für die Orientierung in der Gegenwart unverzichtbar.
Diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe hat die KiHo über Jahrzehnte erfüllt. Sie ist ein Erinnerungsort, der – wie die BK – zwar keine Aufnahme in der Sammlung zu den deutschen Erinnerungsorten gefunden hat, aber womöglich deshalb, weil sie bislang nicht vom Vergessen bedroht war. Die KiHo ist lebendig geblieben und hat die Widerständigkeit gegen staatliche Willkür als ihren Gründungsmythos durch die Zeiten getragen.
Erinnerungsorte können Erinnerungen nur dann bewahren, wenn sie ihre Botschaft kulturell entfalten können. Das hat die KiHo über Jahrzehnte authentisch gewährleistet. Sie ist eine Stätte religiöser und theologischer Bildung, und indem sie beides beständig in die Öffentlichkeit getragen hat, ist sie ein Zeichen für die Widerständigkeit des kritischen Denkens gewesen und geblieben. Dass solche Erinnerungsorte in der Gegenwart von Bedeutung sind – wer wollte das bestreiten. Weiterhin erfüllen kann die KiHo diesen historischen Auftrag aber nur, wenn sie theologisch lebendig bleibt, also nicht zu einer Stätte degeneriert, deren ursprüngliche Funktion nicht mehr sichtbar ist.
Deshalb plädiert der BGV für den Erhalt der KiHo und die Aufrechterhaltung eines theologischen Lehrbetriebs mit öffentlicher Sichtbarkeit.“